Studium nur für reiche Ausländer

In Schleswig-Holstein dürfen ausländische Studenten künftig nur noch drei Monate im Jahr jobben. Vor allem Studenten aus Entwicklungsländern sind aber auf Ferienjobs angewiesen  ■ Von Kathrin Lohmann

Berlin (taz) – Es liegt erst wenige Wochen zurück, da traten Außenminister Kinkel (FDP) und sein Kabinettskollege Rüttgers (CDU) gemeinsam vor die Öffentlichkeit, um sich zu beschweren. Deutschlands Hochschulen hätten bei „ausländischen Eliten an Attraktivität verloren“, meinten beide. Das, so erklärte der Bildungsminister, ist mißlich. Denn Ausländer, „die mit Deutschland bereits aus der eigenen Studienzeit vertraut sind, sind als Gesprächspartner und Entscheidungsträger im Ausland“ später ja immerhin „Türöffner für die deutsche Wirtschaft“.

Im Wintersemester 1995/96 studierten insgesamt 147.652 AusländerInnen an deutschen Universitäten und Fachhochschulen; das waren sieben Prozent aller StudentInnen. Im europäischen Vergleich sind das wenige. Doch ausländische Studenten werden in Deutschland auch nicht wie zukünftige „Türöffner“ behandelt; bestenfalls dürfen sie Klinken putzen. Dafür sorgt schon das Ausländerrecht mit seinen diversen Verordnungen und Sondervorschriften.

Ausländer, die über die nötigen Sprachkenntnisse verfügen, dürfen zwar jederzeit an einer deutschen Hochschule studieren, allerdings nur unter der Bedingung, „daß die Finanzierung des Studiums und der Lebensunterhalt im Bundesgebiet ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit gesichert“ sind. So argumentiert das Innenministerium von Schleswig-Holstein in einem Schreiben vom April 1996. Ganz joblos muß ein ausländischer Student dennoch nicht bleiben. Drei Monate Job pro Jahr gesteht ihm Baden-Württembergs Regierung zu. Laut Auskunft des Stuttgarter Innenministeriums gilt dies schon seit 1991.

Das SPD-regierte Schleswig- Holstein zog in diesem Jahr nach. Im Frühjahr informierte das Kieler Innenministerium die Arbeitsämter und Ausländerbehörden des Landes, daß ausländische StudentInnen, die nicht aus Staaten der Europäischen Union (EU) stammen, künftig auch in Schleswig- Holstein nur noch drei Monate pro Jahr jobben dürfen – und zwar nur während der Semesterferien. „Über diese Ferienbeschäftigung hinaus soll grundsätzlich keine Erwerbstätigkeit während der Vorlesungszeit zugelassen werden.“ Der Grund: Das Studium und dessen zügiger Abschluß sollten durch die Jobberei nicht beeinträchtigt werden.

Vor allem StudentInnen aus Entwicklungsländern sind jedoch darauf angewiesen, ihr Studium mit Hilfe von Jobs zu finanzieren. Zu diesem Schluß kommt die jüngste Studie des Deutschen Studentenwerks. Nur etwa ein Viertel aller ausländischen StudentInnen erhält danach ein Stipendium, darunter auch Studierende aus Industrieländern oder EU-Staaten. Gerade mal zehn Prozent der Studenten, die nicht aus der EU stammen, bekommen Bafög. Ein Anrecht darauf haben in erster Linie anerkannte Flüchtlinge oder Ausländer, bei denen ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Wie der Job aussehen darf, mit dem die Ausländer ihr Studium finanzieren, ist von den Behörden genaustens geregelt. EU-Ausländer (1993 waren das insgesamt rund 28.000 Studierende), genießen die gleichen Rechte wie deutsche StudentInnen und können jederzeit neben dem Studium arbeiten. Für alle anderen Ausländer (1993 waren das immerhin 95.000), gilt: Pro Jahr dürfen sie drei Monate lang ohne Arbeitserlaubnis jobben – das schreibt Paragraph 9,7 der „Arbeitserlaubnisverordnung“ vor. Weitere drei Monate Job pro Jahr sind ausländischen Studierenden etwa im Land Berlin erlaubt, wenn sie zuvor eine Arbeitserlaubnis beantragt haben.

Eine Ausnahme von dieser Regel wird für StudentInnen aus Industrienationen und kleinen, wirtschaftlich stabilen Staaten gemacht. US-Amerikaner, Japaner, Kanadier, Schweizer oder etwa Liechtensteiner müssen nach den ersten drei Jobmonaten zwar eine Arbeitserlaubnis beantragen, sie dürfen damit aber – laut Paragraph 9 der bundeseinheitlichen „Anwerbestoppausnahmeverordnung“ – ohne zeitliche Einschränkung das ganze Jahr über arbeiten.

Als Schleswig-Holsteins Beamte sich daranmachten, die Jobberei von Ausländern auf drei Monate in den Ferien zu beschränken, richteten sie sich nach Verwaltungsvorschriften des Bundes zum Ausländerrecht. Diese liegen seit einigen Jahren vor, allerdings erst im Entwurf. Dennoch werden sie von den Kielern schon heute mehr buchstabengetreu ausgelegt. „Kurzzeitig“, so heißt es nämlich in dem Bundesentwurf, könne eine Beschäftigung „auch außerhalb der Semesterferien zugelassen werden“, längeres Jobben aber sei „grundsätzlich auf die Semesterferien zu beschränken“. Eine ganzjährige Erwerbstätigkeit könne außerdem nur erlaubt werden, „wenn dadurch das Studium nicht nennenswert verzögert wird“. Längerfristige Beschäftigungen kämen deshalb „nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa für eine studentische Nebentätigkeit an der Hochschule“.

Daß man es auch anders als die Kieler machen kann, zeigen neue Verordnungen in Nordrhein- Westfalen. Ende Juni informierte das dortige Innenministerium die Bezirksregierungen des Landes, daß ausländische StudentInnen in NRW sowohl in den Ferien als auch während des Semesters jobben dürften – dann allerdings nur zehn Stunden pro Woche. Ausnahmsweise ist auch der Vollzeitjob im Semester möglich. Natürlich nur, wenn dadurch das Studium nicht beeinträchtigt wird.