Keine Abendarbeit

■ Im Einzelhandel müssen Mütter und Azubis nach 18.30 Uhr nicht arbeiten

Berlin (taz/AP) – In den Tarifgesprächen zu den neuen Ladenöffnungszeiten bewegt sich was. Die Tarifparteien hätten sich weitgehend darüber geeinigt, wer von der Arbeit nach 18.30 Uhr ausgenommen bleiben soll, sagte gestern der rheinland-pfälzische Landessprecher der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), Dirk Reimers. Künftig könnten sich alle Beschäftigten von der Abendarbeit befreien lassen, die Kinder unter 15 Jahren oder pflegebedürftige Angehörige haben. Auch diejenigen, die nach dem Ladenschluß um 20 Uhr innerhalb einer halben Stunde keine Verkehrsanbindung für den Heimweg hätten, könnten sich freistellen lassen.

Die Tarifverhandlungen werden für jedes Bundesland extra geführt und sind gestern in Rheinland-Pfalz fortgesetzt worden. Hauptstreitpunkt bleiben die Abendzuschläge und die Begrenzung der abendlichen Tätigkeit. Bundesweit fordern die Gewerkschaften Freizeitzuschläge von 55 Prozent. Die Arbeitgeber wollen dagegen nur 18 Prozent gewähren.

Ein Freizeitzuschlag von 25 Prozent würde bedeuten, daß eine Verkäuferin, die zweimal in der Woche bis 20 Uhr schuftet, für die insgesamt drei Abendstunden eine dreiviertel Stunde Freizeit (25 Prozent) gutgeschrieben bekommt. Statt wie bisher 37,5 Stunden müßte sie also unterm Strich nur noch 36,75 Stunden wöchentlich malochen. „Faktisch ist das eine Arbeitszeitverkürzung als Ausgleich für die ungünstigere Zeit“, so Rüdiger Wolff, Sekretär beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) in Düsseldorf. Der Zuschlag in Freizeit soll nach dem Willen der Gewerkschaften verbindlich festgeschrieben werden.

Ob es bei einer entsprechenden Arbeitszeitverkürzung allerdings zu nennenswerten Neueinstellungen kommt, bezweifeln auch die Gewerkschaften. In den Kaufhäusern und Filialketten basteln die Unternehmer schon an neuen Schichtmodellen, um die erweiterten Ladenöffnungszeiten aufzufangen. „Zu kundenschwächeren Zeiten werden die Kaufhäuser mit kleinerer Besetzung arbeiten“, sagt Wolff. In Zwei-Schicht- oder Drei-Schicht-Modellen würden dann beispielsweise am frühen Morgen und zwischen 13 und 15 Uhr nur wenige Verkäuferinnen in den Warenhäusern beraten und kassieren.

Die regionalen Tarifverhandlungen werden heute in Bayern fortgesetzt. Umstritten ist dabei auch die Gewerkschaftsforderung, den späten Einsatz auf zwei Abende pro Woche und zwei Samstage im Monat zu begrenzen. Sepp Rauch, HBV-Landesbezirksvorsitzender in Bayern, rechnete gestern dennoch mit einer Einigung „noch in dieser Woche“. In Nordrhein-Westfalen warnstreikten unterdessen gestern rund 100 Beschäftigte. BD