Haftbefehl ohne Beweis

■ Die USA provozieren den Iran mit Terrorvorwürfen

Der selbsternannte Weltpolizist bereitet das Terrain zum großen Schlag. Sogar die potentiellen Angriffsziele haben US-Geheimdienstler schon ausgemacht – die US-Regierung droht den Iranern mit Krieg.

Allein: Dem Polizisten fehlen die Beweise. Entgegen allen Beschuldigungen in Richtung Teheran meldete sich am Samstag ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums in der Washington Post zu Wort. Auf eine Verwicklung des Iran in den Absturz des TWA-Jumbos gebe es keinerlei stichhaltige Hinweise, sagte er. Auch drei Wochen nach der Katastrophe ist ungeklärt, ob die 230 Menschen tatsächlich einem Attentat zum Opfer fielen.

Auf iranische Drahtzieher bei dem Anschlag auf eine US-Kaserne im saudiarabischen Dahran gibt es ebenfalls keine konkreten Hinweise. Vieles spricht dafür, die Täter unter oppositionellen Saudis zu suchen. Ob sie Unterstützung aus dem Iran bekamen, dort ausgebildet wurden? Möglich ist vieles, bewiesen jedoch nichts. Spätestens seit der Bombe von Atlanta sollte sich auch in Washington die Erkenntnis durchsetzen, daß Terror kein globales Spinnennetz mit Zentrum im finsteren Teheran ist. Gelegentlich entsteht er auch dort, wo er ausgeübt wird.

Die iranische Staatsführung macht es US-Politikern leicht, die Islamische Republik zum Reich des Bösen zu verklären. Die Machthaber unterstützen islamistische Bewegungen. Iranische Agenten machen weltweit Jagd auf Dissidenten, und in iranischen Gefängnissen sitzen Tausende ein, nur weil sie eine andere politische Meinung haben als die herrschenden Kleriker; die staatliche Propaganda wird nicht müde, auf dem „Satan“ USA herumzudreschen: Motive für eine Kriegserklärung?

Militante Islamisten erhalten auch aus Saudi-Arabien Unterstützung – zu dessen Herrscherclan die US-Regierung ein ausgesprochen gutes Verhältnis unterhält. Und: Gefoltert wird auch in Staaten, über die der US-Präsident nie ein böses Wort verlieren würde. In verbalen Attacken stehen US-Medien, geht es um den Iran, ihren Teheraner Pendants kaum nach.

Die kriegerischen Gedankenspiele Washingtons erinnern weniger an einen Weltpolizisten als an einen rassistischen Sheriff beim Anblick eines tatverdächtigen Farbigen. Thomas Dreger