Keine Vision für die Bezirke

■ Die Reduzierung der Bezirke auf 18 sei nur ein Rechenbeispiel, meint Hellersdorfs PDS-Bürgermeister Uwe Klett. Er und seine Kollegen warten "sehnsüchtig auf Vorschläge"

Die Neugestaltung der Bezirke steckt in der Klemme: Die Koalition hatte beschlossen, daß Berlin am Ende der Wahlperiode nicht mehr aus 23, sondern aus 18 Bezirken bestehen soll. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) wartet auf ein Votum der Bürgermeister – obwohl er das für eine Gesetzesvorlage formal nicht braucht. Die taz fragte Hellersdorfs Bezirksbürgermeister Uwe Klett (PDS), wie es weitergehen könnte.

taz: Herr Klett, die Bezirksbürgermeister hintertreiben die Bezirksreform, meinen Innensenator Schönbohm und SPD-Fraktionschef Klaus Böger.

Uwe Klett: Der Innensenator sagt seit vier Monaten überhaupt nichts. Ich warte sehnsüchtig darauf, daß er seine unterschiedlichen Modelle für einen Neuschnitt der Bezirke den Bürgermeistern zur Verfügung stellt. Sein Haus schweigt bis heute. Seine erste „Vorlage“ war nichts weiter als ein Rechenbeispiel, daß es 18 Bezirke sein sollen – was er mit einem einzigen Satz begründete.

Was wäre denn Ihr Vorschlag, wie es mit der Bezirksreform weitergehen soll?

Das könnte so aussehen, daß man mal fragt, wie man eine 3,5-Millionen-Stadt politisch ordnen will. Es wäre schön, wenn es darüber eine überparteiliche Verständigung gäbe. Denn die Stadt ist erstarrt in ihren Strukturen. Seit 1920 hat sich da nichts mehr getan. Praktiker und Wissenschaftler sollten sich zusammentun, um Vorschläge zu machen – vielleicht in der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft?

Schmeißen Sie doch mal einen Stein ins Wasser, wie eine Reform der Bezirke aussehen könnte?

Es müßte analysiert werden, wie Bezirksverwaltungen in bezug auf ihre sehr unterschiedlichen sozialen Strukturen funktionieren. Wie nehmen die Menschen in Schöneberg und Hellersdorf ihren Bezirk, die Verwaltung an?

Sie wollen das Rad neu erfinden?

Es muß neu erfunden werden, weil das alte ziemlich brüchig geworden ist. Die Bezirke stehen am Scheideweg: Was gegenwärtig an Verwaltungsreform läuft, macht sie zu entpolitisierten Verwaltungsstellen. Umgekehrt laufen alle Fragen der steigenden Eigenverantwortung, etwa durch die Globalhaushalte, auf eine höhere Politisierung hinaus. Wenn ich diese Inhalte nicht diskutiere und sage: Wie ist denn welche Sozialstruktur in welcher Größenordnung zu handhaben, dann komme ich zu keinem Ergebnis. Zehlendorf und Steglitz sind das vielleicht, aber Marzahn und Hellersdorf sind es bei über 300.000 Einwohnern und riesigen Infrastrukturproblemen nicht. Oder: Ist es sinnvoll, die Innenstadtbezirke zu einer starken City zusammenzulegen? Passen die Mentalitäten etwa von Friedrichshain und Kreuzberg zusammen?

Im Grund empfehlen Sie: Wir müssen grundsätzlich überlegen!

Man hat es doch sechs Jahre nicht getan! Es geht ja hier scheinbar nur um Administrationen und um Einsparungen von Kopfverwaltungen. Keiner diskutiert, daß die Einheitsgemeinde von Berlin politisch neu zu gestalten ist. Man hätte das nicht gleich nach der Wende machen können, aber spätestens seit 1992 hätte man Varianten der Stadtentwicklung definieren können, um zu entscheiden. Das Abgeordnetenhaus kann die jetzige Reduzierung larifari beschließen. Das wäre ohne Vision.

Könnte nicht der Rat der Bürgermeister mit einem eigenen Vorschlag herauskommen?

Das wäre der große Wurf. Aber auch der Rat funktioniert nach Parteiblöcken. Interview: Christian Füller