Helmut Pohl zu seinen Motiven, den Brief jetzt zu veröffentlichen

Der Brief ist vom Februar 1992.

Der Inhalt ist längst überholt, den ganzen Grundgedanken habe ich schon lange nicht mehr, und in manchen Einzelheiten denke ich heute anders. Ich habe ihn im Zusammenhang mit dem „konkret“- Interview rausgeben lassen, um zu dokumentieren, wo wir waren, kurz bevor die „Bewaffneter Kampf/Hardliner“-Hetze dagegen und über uns weg gebrüllt wurde.

Der Brief spiegelt zum großen Teil den Diskussionsstand unter den meisten von uns Gefangenen wider, und es sind Einzelüberlegungen von mir drangehängt. Vollständig war er zehn Seiten lang. Es war nach schon langem Drängen einer ganzen Reihe von uns und genauso langem Bearbeiten draußen ein letzter Anlauf, bei den Illegalen etwas zu bewegen. So ist er auch geschrieben. Noch einmal mit zusammengebissenen Zähnen, bemüht, angestrengt darauf herumreitend und mit dem Vokabular der Jahre vorher aneinandergeschraubt.

Diesen Brief hatte der Verfassungsschutz sofort. Wahrscheinlich schneller als die anderen Gefangenen und die Illegalen.

Der Staatsschutzapparat hatte alles auf dem Tisch, sie wußten mit größter Wahrscheinlichkeit auch schon das ganze Jahr 1991, was wir wollten, aber für ihre Zwecke mußte eine andere, in etwa die diametral entgegengesetzte „Wirklichkeit“ geschaffen werden. Die wieder zurechtzurücken war der ganze Sinn des Interviews und der Veröffentlichung des Briefs.

Ich habe vor dem Interview in politisch ganz verschiedenen Kontakten abgeklopft, ob ich es auch wirklich so begreifen muß (oder es vielleicht meine Fixierung ist), daß es eine notwendige Voraussetzung für einen neuen Ansatz für unsere Freiheit ist, diese Desinformation in der Öffentlichkeit wegzukriegen. Sie haben es mir alle nach kurzem Überlegen bestätigt.

Mir hat das auch nicht gefallen, so zu unserer Geschichte zu reden. Es blieb uns nur gar nichts anderes mehr übrig, so wie sie auch von früheren „Genossen“ in den letzten Jahren getrimmt worden ist.