Selbstbestimmte Maloche

■ Cengiz Özbulut verkauft Döner und kennt keinen Ladenschluß

Längere Ladenöffnungszeiten? Freizeitzuschläge und ein geregelter Arbeitstag?

Cengiz Özbulut erlaubt sich nur ein Lächeln. „Uns betrifft das nicht.“ Sieben Tage pro Woche arbeitet der 23jährige, „im Schnitt so 14, manchmal 16 Stunden“, wie er stolz sagt. In dieser Zeit steht er hinter der Theke eines kleinen Gemüseladens in Berlin-Moabit oder schabt im Imbiß nebenan Fleisch vom Spieß, um es in Döner zu verwandeln. Geführt wird der Familienbetrieb seit sechs Jahren vom älteren Bruder. Tagsüber steht auch die Mutter im Laden; am Nachmittag springt oft noch der Jüngste ein. Natürlich, sagt Cengiz, würde er auch weniger arbeiten, aber nur, wenn zum Schluß nicht weniger Geld herauskommt als heute.

Gelernt hat er Maschinenschlosser. Laden und Imbiß gehörten aber schon in seiner Lehrzeit zur täglichen Arbeit. Und seit der Schlosserbetrieb Pleite gemacht hat, dreht sich sein Leben nur noch um Gemüse und Grillfleisch: Öffnungszeiten elf Uhr vormittags bis Mitternacht. Cengiz selbst kommt selten vor sieben Uhr abends raus, und zwischendurch bleibt gerade mal Zeit für ein Schläfchen in der Mittagszeit. – Feierabend? „Gibt's bei uns nicht“, sagt Cengiz Özbulut. Morgens muß er um sechs Uhr raus, vor Mitternacht kommt er selten ins Bett. „Abends mal ein Gläschen trinken“, das ist der maximal mögliche Feierabend. Beim Urlaub wechseln sich er und sein Bruder jedes Jahr ab. Alle zwei Jahre fährt Cengiz Özbulut dann in die Türkei – in die Heimat, wie er sagt. Dort lebt seine Verlobte. Dort will er später mal einen eigenen kleinen Laden aufmachen, eine Familie gründen.

Daß sein Leben fast nur aus Arbeit besteht, macht dem jungen Mann nichts aus. „Wir können immer sagen, das ist was Eigenes“, meint er stolz. Das Geld wandert bei den Özbuluts in einen Topf, nur der jüngste, Cengiz' 17jähriger Bruder, bekommt eigenes Taschengeld. „Ich brauch auch nichts“, meint Cengiz Özbulut. Manchmal geht er am Wochenende mal ins Kaffeehaus, seltener in die Disco, manchmal frönt er seinem Hobby und geht auf die Go-Kart-Bahn. In der Regel bleibt er zu Hause. „Da relaxe ich dann und guck' Fußball.“ Kathrin Lohmann