Geldgier oder Stadtleben?

■ Der Kerngebietsausschuß Eimsbüttel muß am Montag darüber befinden, ob beim Wasserturm Sternschanze Investoren- oder Stadtinteressen siegen sollen

An der Außenwand im hohen Gras sitzt eine junge Frau im Nieselregen und setzt sich eine Heroinspritze. Drinnen ist es dunkel und still und die Anwesenheit von Luft- und Bodenratten läßt sich nur erahnen. Die Rede ist vom Wasserturm an der Sternschanze und die beiden beschriebenen Situationen gehören unmittelbar zusammen, wenn man über die Zukunft dieses stadtteilprägenden Gebäudes spricht. Denn seit Jahren wird im Bezirk Eimsbüttel über eine neue Nutzung des 1961 stillgelegten Versorgungsturms diskutiert, und die bisherige Absicht der Bezirkspolitiker ist es immer gewesen, daß der „Sterni-Turm“ eine Funktion erhalten solle, die positiv auf den Park und das Schanzenviertel ausstrahlt.

Dies steht nun am kommenden Montag auf dem Prüfstand, wenn der Münchner Besitzer des Wasserturms, Joachim-Ernest Storr, sein Ansinnen im Kerngebietsausschuß Eimsbüttel vortragen wird, den Turm komplett zu einem Hotel für eine französische Luxus-Kette umzubauen. Denn als Storr das 60 Meter hohe Monument 1990 für eine Mark von den Hamburger Wasserwerken kaufte, verpflichtete er sich unter anderem dazu, mindestens 50 Prozent öffentliche Nutzung zu garantieren, keine Verkehrsprobleme zu schaffen sowie den Denkmalschutz zu achten.

Storrs neue, rein kommerzielle Pläne ignorieren dagegen alle je gemachten Zusagen. Eine öffentliche Mitnutzung ist nicht mehr vorgesehen und auch der Denkmalschutz wird großzügig beiseite geschoben. Vielmehr will er den Turm komplett entkernen, großzügig durchfenstern und von dem technischen Innenleben nichts erhalten. „Mit großem Kopfschütteln“ habe man dies Ansinnen aufgenommen, erklärte dazu Manfred Fischer, Leiter des Denkmalschutzamtes.

Angeblich habe Storr für andere Pläne keine Geldgeber gefunden, verlautet es aus der Bezirksverwaltung, was doch einige Verwunderung auslöst. Existiert doch seit vielen Monaten ein fertiges Konzept für ein Naturkunde- und Ökologie-Museum in dem Wasserturm, das nicht nur ein inhaltlich überzeugendes Programm besitzt, sondern auch eine gesicherte Finanzierung präsentieren kann. Storr, mit dessen Zustimmung die Firma B&O-Consult die Planung entwickelt hat, stoppte das Vorhaben allerdings im Mai, bevor er über die finanzielle Realisierbarkeit überhaupt informiert war. Auch dies macht deutlich, daß der Münchner Architekt und Investor, der sich zu den ganzen Vorgängen prinzipiell nicht äußern will, an einer sinnvollen Lösung nicht interessiert ist.

Dabei würde der Museumsplan viele städtische Belange befriedigen. Das Konzept sieht nämlich vor, die über die ganze Stadt verteilten Schausammlungen der Universität zu einer attraktiven Ausstellung zusammenzuführen. Denn die verschiedenen naturwissenschaftlichen Fachbereiche besitzen unbekannte Schätze von Saurier-skeletten bis zu bizarren Mineralien, die in dunklen Ecken der Institute nahezu unzugänglich sind. Alle Verantwortlichen von Senator Hajen bis Uni-Präsident Lüthje haben sich schon zustimmend geäußert, diese Sammlungen dem Privatmuseum zur Verfügung zu stellen.

Das bauliche Konzept der Architekten Achim Aisslinger und Andreas Bracht gewährleistet den Erhalt von mindestens einer der beiden großen Wasserschüsseln sowie der Grundstruktur. Manfred Fischer hält einen derartigen Umbau für „dem Denkmal angemessen“. Gleichzeitig sieht dieses Konzept vor, Bürogeschosse in der Turmspitze, einen Biergarten im Erdgeschoß und eine komplett verglaste Galerie in den riesigen Fundamentgewölben unterhalb des Turms einzurichten. Damit würde also auch die Belebung des Parks und des Viertels gewährleistet sein.

Till Briegleb