Mit dem Einzelhandel auf Du und Du
: Streik um jeden Preis?

■ HBV wirft Arbeitgebern Wortbruch vor

Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) will offenbar den Burgfrieden in Bremens Einzelhandel aufmischen und die Beschäftigten wie in Niedersachsen zum Streik mobilisieren. „Wortbruch“ warf HBV-Sekretär Heiner Schilling den Arbeitgebern vor. Mit ihrer Weigerung, wie in Rheinland-Pfalz Zuschläge für die Arbeit nach 18.30 Uhr zu zahlen, konterkarierten die Arbeitgeber bereits erreichte Zwischenergebnisse der Tarifverhandlungen. Unklar ist jedoch, ob es diese Zwischenergebnisse jemals gegeben hat.

Norbert Caesar, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, hatte es abgelehnt, die Tarifeinigung von Rheinland-Pfalz auf Bremen zu übertragen. Höhere Kosten seien aus dem Geschäftsbetrieb nicht zu tragen. Personalabbau sei die Folge. Wolfgang Brakhane vom Einzelhandelsverband Nordsee hält außerdem die Zeit bis 20 Uhr nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten für „Regelarbeitszeit“.

„Wenn es dabei bleibt, lassen wir unsere Mitglieder in der nächsten Woche Urabstimmungen machen“, kündigte Schilling an. Am vergangenen Freitag seien die Tarifkommissionen von Gewerkschaften und Arbeitgebern überein gekommen, einen Zuschlag für die eineinhalb Stunden bis 20 Uhr zu bezahlen. Laut Schilling war allein die Höhe noch umstritten.

Andere Teilnehmer am freitäglichen Verhandlungsmarathon im Gewerkschaftshaus können sich jedoch nicht an eine Zusage für Zuschläge erinnern. Während Schilling eine echte Tarifkommission der Arbeitgeber am Tisch entdeckt haben will, spricht Brakhane von einem Expertengespräch: „Von uns waren nur vier Leute da, zur Tarifkommission gehören 14.“ Diese Wahrnehmung bestätigte auch der Verhandlungsführer der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), Werner Dlugaiczyk, gegenüber der taz. Es habe in keinem Punkt eine Einigung über Zuschläge gegeben. Die DAG warte auf die nächste Verhandlungsrunde.

Die Arbeitgeber wollen in der kommenden Woche ihre Tarifkommission zusammentrommeln, um ihre Position für die nächste Tarifrunde am 16. August festzuklopfen. Doch die Stimmung unter den Händlern sei klar, sagt Brakhane: In den letzten vier Jahren seien die Tarife um 15 Prozent gestiegen, gleichzeitig sei der Umsatz je nach Branche um bis zu 20 Prozent zurückgegangen. „Es geht einfach nicht mehr“, so Brakhane. Bei einem teuren Zuschlag sieht Eisenwaren-Händler Norbert Caesar die Kollegen aus dem Verband und damit aus dem Tarifvertrag flüchten. „Auch die HBV kann kein Interesse an uneinheitlichen Arbeitsbedingungen im Handel haben“. Man habe angeboten, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, „aber das darf nichts kosten“. Höhere Lohnkosten forderten Jobs im Einzelhandel. Gewerkschafter Schilling erschüttern solche Argumente nicht: „Wir verhandeln für unsere Mitglieder und nicht für alle Beschäftigten des Handels.“ jof