■ Daumenkino
: Unzipped

„Könntest du deine Kleider ausziehen?“ Aber sicher! Alles, was du willst, Isaac. Denn du bist nicht nur berühmt, sondern hast außerdem noch ein pausbäckiges Gesicht, krauses Haar, eine rundliche Figur und ein kolossal sympathisches Lächeln. Mamas Bester! Ihre überschwengliche Bewunderung wird nur einmal kurz gestoppt, als er – Kamera läuft – erzählt, wie er früher immer Geld aus ihrem Portemonnaie geklaut hat. Douglas Keeves Dokumentarfilm „Unzipped“ über den amerikanischen Modedesigner Isaac Mizrahi ist nicht gerade ein Beispiel für den berühmten investigativen Journalismus der Amerikaner. Es ist eine Liebeserklärung. Es ist ein Werbefilm. Aber das liegt nicht nur an Keeves. Mizrahi hat ihm keine Bedingungen diktiert, aber kann Keeves was dafür, daß Mizrahi so – sympathisch ist? Kann er was dafür, daß Eartha Kitt bei einem Gespräch plötzlich aufsteht, ein flottes Liedchen in jiddisch intoniert und dazu vehement die Hüften kreisen läßt? Dann schwenkt die Kamera zu den zwei absurd frisierten Pudeln der Mrs. Kitt, die auf weichen Kissen große Augen machen. Es ist ein bißchen wie früher auf dem Kettenkarussell, als die Dinger sich noch nicht so schnell drehten, daß einem schlecht wurde. Das liegt vor allem an der Kamera: Mal ist das Bild schneeig, mal klar, eine lange Schwarzweißphase wird plötzlich bunt. Und das heißt hier was: Mizrahi ist vor allem für seine leuchtenden Farben berühmt. Wir sind also dabei, wie eine Kollektion entsteht. Mizrahi erzählt von den Filmen, die ihn inspiriert haben: Besonders „Goldfieber in Alaska“ hat es ihm angetan, die Szene, als Loretta Young nach mehreren Tagen im Schneesturm gefunden wird und Clark Gable, der besorgt ihre Pelzkapuze abstreift, ihr erschöpftes, perfekt geschminktes Gesicht entgegenhält. Starmodels kommen zur Anprobe, die Moderedakteurinnen der großen amerikanischen Magazine begutachten die Entwürfe wie strenge Volksschullehrerinnen. Und dazwischen Mizrahi, der selbst in der tiefsten Depression sein Clownslächeln nicht verliert. Nicht mal Ophüls hätte das aufgeknackt. see

„Unzipped“. Regie: Douglas Keeve