Restjugoslawien oder Restdeutschland?

■ betr.: „Die aus dem Stein kamen“, taz vom 2.8. 96

Als neuer Abonnent bin ich bestürzt über die vielen politischen Ungereimtheiten, die ich in der heutigen Ausgabe zum Thema Jugoslawien auf Anhieb entdeckte.

1953 in Jugoslawien geboren, in Deutschland aufgewachsen und hier den Kriegsdienst verweigert, verfolge ich die Geschehnisse in meinem Geburtsland und die Berichte darüber besonders kritisch.

In einer Zeit, in der selbst die Bundesregierung Kohl die verbliebenen Republiken als BR Jugoslawien anerkannt hat, mit dem Begriff „Restjugoslawien“ zu titeln, ist mir unverständlich und halte ich gelinde gesagt für gedankenlos. Oder habt Ihr vor der Wiedervereinigung auch „Restdeutschland“ geschrieben?

Nachdem ich dem Leserbrief „Heikles Thema“ entnommen habe, daß ihr die journalistische Untat begangen habt, eine Pressemeldung in ihr Gegenteil zu verkehren, begann sich mir der Magen umzudrehen.

Ich konnte nur noch den Kopf schütteln, als ich in dem Artikel von Erich Rathfelder über die Westherzegowiner las, wie er Geschichtsverfälschung betreibt. Er schreibt: „Anders als die serbisch- orthodoxe Bevölkerung, die dem osmanischen Staat als Wehrbauern in der weiter westlich gelegenen Krajina dienten, blieb die katholische Bevölkerung der Westherzegowina aufmüpfig.“ Das ist barer Unsinn. Wie, bitte schön, hätte es den Türken gelingen sollen, ganze Dörfer eigener Wehrbauern auf feindlichem Gebiet anzusiedeln? Das ist logisch, politisch und historisch eine Unmöglichkeit. Die Krajina war habsburgisch, und die serbischen Wehrbauern wurden von Österreich-Ungarn als Bollwerk gegen die Türken angesiedelt. (Nebenbei bemerkt, auch die in Bosnien lebenden Serben reklamieren für sich, „aufmüpfig“ gewesen zu sein. Sonst wären sie nicht während 500jähriger osmanischer Herrschaft orthodoxe Christen geblieben, was häufig mit dem Tode bestraft wurde.) Allein der o.g. Satz zeigt die politische Parteilichkeit dieses „Berichterstatters“ Erich Rathfelder, der mir bereits früher durch einseitig falsche Äußerungen auffiel. Das heißt im übrigen nicht, daß der Rest des Artikels falsch ist. Dennoch kann man solche schwerwiegenden historischen Falschmeldungen nicht unkommentiert abdrucken.

Ich kann Euch nur empfehlen, paßt bitte besser auf, sonst bekomme ich vor lauter Kopfschütteln noch einen schiefen Hals. [...] Norbert Rixner, Freiburg