Die Revolution frißt ihre Wörter

■ Alles ist frei im Internet – aber nur solange es kein Markenzeichen einer Firma ist. Denn dann muß Geld fließen

Das Wort „Java“ bezeichnet eine Kaffeesorte, im Englischen steht es sogar für das koffeinhaltige Getränk an sich. Ein Wort für alle also. Doch dann kamen die Sun Microsystems und tauften ihre Programmiersprache für das Internet auf diesen Namen. Der Vorzug dieser speziellen Java-Sorte besteht darin, daß die gleichen Programme auf allen Rechnerplattformen laufen. Digitale Visionäre sehen bereits das Monopol von Microsoft wanken, fürs erste aber strebt Sun ein eigenes Monopol an – für den Namen „Java“.

Suns Anwälte sehen in Websites, die „Java“ in ihrem Domain- Namen führen, eine Verletzung ihrer Markenrechte. So verlangten sie von D. Javan Keith, dessen Vater seit 1972 den Computershop „Javan Enterprises“ betrieb, sofort auf den Gebrauch seiner Adresse „http://www.javanco.com“ zu verzichten. Einen ähnlichen Brief erhielt Jon Batcheller unter http:// www.javac.com. Der reagierte prompt und verwandelte seine Website in ein Informations- und Diskussionsforum über Suns Namenspolitik. In kürzester Zeit sind dabei reichlich Fallbeispiele und grundlegende rechtliche Informationen zusammengekommen.

Sun hat sich inzwischen bei einigen der Angemahnten, so auch bei Javanco, entschuldigt. Niemand solle angegriffen werden, der mit „Java“ Kaffeetrinker meint. Nur wenn „Java“ im Zusammenhang mit Computern verwendet wird, will Sun weiter klagen.

Nun galten in der Online-Welt bis vor kurzem nicht einmal die einfachsten Urheberrechte. Im Zuge der Kommerzialisierung werden jedoch zunehmend Recht und Ordnung eingefordert. Schon will der dominierende Lieferant von Web-Browsern, Netscape, andere an der Verwendung des Namensbestandteils „scape“ hindern. Eine besonders absurde Kapriole aber drehte das zeitgeistige Magazin Wired, das zusammen mit seinem Online-Ableger HotWired nicht müde wird, die „digitale Revolution“ zu verkündigen. Was aber ist das? Seit kurzem wissen wir es: ein Warenzeichen. Der Verlag des demnächst in Kooperation von Gruner+Jahr mit dem Spiegel auch in Deutsch erscheinenden Magazins hat den Satz „Das ist die Digitale Revolution“ als Warenzeichen eintragen lassen. Der konkurrierende Mediengigant Ziff- Davis wurde soeben von Wired verwarnt, er möge auf keinen Fall weiterhin den Satz „Die Digitale Revolution kommt im Fernsehen“ in seiner Werbung verwenden. Eines läßt sich über die digitale Revolution jedenfalls schon sagen: Sie frißt ihre eigenen Wörter. Bernd Kling

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