PDS-Grünen-Allianz kommt nicht in Frage

■ Werner Schulz findet Zusammenarbeit auf Bundesebene abenteuerlich

taz: Herr Schulz, Ihr Mitstreiter aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung, Konrad Weiß, hat dem bündnisgrünen Parteivorsitzenden Jürgen Trittin vorgeworfen, durch seine Aussagen über eine mögliche Zusammenarbeit mit der PDS auf Bundesebene die Bürgerrechtsbewegung „auf das schäbigste“ hintergangen zu haben. Fühlen auch Sie sich verraten?

Werner Schulz: Nein, aber natürlich provoziert! Daß Trittin jetzt das Sommerloch für seinen Vorstoß nutzt, ist ärgerlich. Diese Debatte kommt für uns zur Unzeit?

Wieso? Sie können der Diskussion doch nicht ewig ausweichen?

Diese Koalitionsfrage stellt sich doch vor allem der SPD in den ostdeutschen Ländern. Auf Bundesebene kommt eine Koalition mit der PDS nicht in Frage. Dafür, da bin ich mir ganz sicher, wird es in unserer Partei auch keine Mehrheit geben. Wer mit dieser Option spielt, zerstört das Vertrauen in Rot-Grün und gefährdet damit die Erfolgsaussichten bei der nächsten Bundestagswahl. Ich halte den Traum von einer linken Mehrheit in Deutschland für eher abenteuerlich. Gerade weil wir keine reine Linkspartei sind, gewinnen wir Wähler aus allen Schichten. Eine linke Allianz unter Einschluß der PDS beraubte uns dieser Chancen und ginge für uns nach hinten los.

Und inhaltliche Unvereinbarkeiten sehen Sie nicht?

Doch, natürlich! Im Moment ist noch völlig unklar, was hinter den flotten Sprüchen der PDS steckt und ob deren Unterhaltungskünstler überhaupt regierungsfähig und -willig sind. Die Frage selbst ist ja in der PDS hoch umstritten. Da tobt doch ein Richtungsstreit, und im Moment ist noch gar nicht entschieden, ob Reformsozialisten, Postkommunisten oder sogar die Altstalinisten das Ruder in die Hand bekommen und den PDS- Kurs bestimmen. Selbst PDS-Reformer André Brie warnt seine Partei ja vor einem Wiedererstarken der alten Kräfte.

Eine PDS auf Brieschem Reformkurs könnten Sie sich in der Regierung vorstellen?

Das wäre eine PDS, die die SPD in einem ostdeutschen Bundesland in die Regierungspflicht nehmen sollte. Nicht jetzt während der laufenden Legislaturperiode durch Wechsel des Koalitionspartners, sondern nach den nächsten Landtagswahlen. Ich warne vor einem Großversuch in mehreren ostdeutschen Ländern gleichzeitig oder gar gleich in Bonn. Die PDS muß erst einmal die Bewährungsprobe in einem Bundesland über eine ganze Legislaturperiode bestehen.

Die Bündnisgrünen könnten doch in Sachsen-Anhalt diesen Versuch mit der PDS starten?

Die rot-grüne Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt leistet gute Arbeit, und es besteht überhaupt kein Grund an der dortigen Konstellation etwas zu verändern und dort neue Turbulenzen zu erzeugen. Ich halte von Dreierkoalitionen ohnehin nicht viel, weil sie das Regieren – wie die Ampelkoalition in Bremen gezeigt hat – nur unnötig erschweren.

... vor allem, weil die Grünen in dieser Frage gespalten sind.

Nein, wir haben doch im Osten ganz andere Probleme. Wir müssen dort zunächst einmal wieder in die Parlamente einziehen. Dabei hilft uns das Koalitionsgerede in bezug auf die PDS keinen Schritt weiter. Schon rein rechnerisch sind wir in den Ländern – wenn PDS und SPD sich zur Koalition entschließen sollten – als Mehrheitsbeschaffer gar nicht gefragt. Interview: Walter Jakobs