Das Portrait
: Elite-Revolutionär

■ Siles Zuazo

Hernán Siles Zuazo, der untersetzte Sohn eines Expräsidenten, schwang die Pistole. In seinem Rücken tobten Bergarbeiter, Dynamitstangen in der Hand. Das war 1952, als im bitter armen Bolivien die zweite lateinamerikanische Revolution nach der in Mexiko gelang. Die von dem Elitezögling Siles Zuazo mitbegründete „Nationalrevolutionäre Bewegung“ MNR übernahm die Macht und leitete unter dem Druck der mächtigen Bergarbeitergewerkschaft COB und bewaffneter Bauernmilizen Reformen ein. Die Zinnminen, Boliviens wichtigste Einnahmequelle, wurden verstaatlicht und eine Landreform durchgesetzt.

Mit den USA mochte sich der Realpolitiker und Vizepräsident Siles Zuazo freilich nicht ganz überwerfen. Als er 1956 inmitten einer schweren wirtschaftlichen Krise Präsident wurde, gab er den US- Forderungen nach drastischen Kürzungen der Sozialleistungen nach. Gegen die daraufhin protestierenden Bauern und Bergarbeiter ließ er die Armee vorgehen. Als Siles Zuazo sich 1964 dann auch noch an einem Militärputsch gegen seinen ehemaligen Weggefährten Victor Paz Estenssoro beteiligte, schien er ganz ausgespielt zu haben, zumal die Militärs ihn gleich danach ins Exil schickten. Es begann die dunkelste Periode der jüngeren Geschichte Boliviens. Bis in die 80er Jahre folgte eine Militärdiktatur auf die andere.

Doch Siles Zuazo hatte sein Comeback. Erst wurde der populäre Politiker zwischen 1978 und 1982 dreimal zum Präsidenten gewählt – die Militärs aber ließen ihn nicht antreten. Schließlich gelang es ihm 1982 in den Präsidentenpalast zurückzukehren. Nun bestand er auf Reformen und wollte sich seine Politik nicht mehr vom Internationalen Währungsfonds diktieren lassen. Die Zeiten aber waren schlecht: Die Weltmarktpreise für Zinn fielen in den Keller, die Inflation stieg ins Unermeßliche, ein Nationalstreik folgte dem anderen. Gänzlich isoliert und auch von den Bergarbeitern erbittert bekämpft, mußte Siles Zuazo das Handtuch werfen und erneut ins Exil ziehen. Obwohl die Demokratie in Bolivien in den folgenden Jahren gefestigt werden konnte und die Wirtschaft mit den Strukturreformen von Paz Estenssoro stabilisiert wurde, kehrte Siles Zuazo nicht nach Bolivien zurück. Vergangenen Dienstag verstarb er 82jährig in Uruguay. Ciro Krauthausen