Kinder klagen gegen Luftverpestung

Robin Wood unterstützt sechs Bremer Kinder bei einer Klage gegen das Land. Sie fordern Schutz vor krebserregenden Schadstoffen. Gesundheitsschutz soll vor Autoverkehr gehen  ■ Aus Bremen Eva Rohde

Sechs Bremer Kinder haben den Hals voll – und zwar mit viel zu viel Schadstoffen. Begleitet von Blasmusik und VertreterInnen der Umweltschutzorganisation Robin Wood reichten die Jakob, Laura, Joana, Luca, Sonja und Nicole gestern vor dem Bremer Verwaltungsgericht Klage gegen das Land Bremen ein. Die Verwaltungsrichter sollen die Landesbehörden dazu verdonnern, die Kinder besser vor krebserregenden Luftschadstoffen zu schützen.

„Wir wollen erreichen, daß Gesundheitsschutz gegenüber den Interessen des Autoverkehrs mehr Gewicht bekommt“, argumentiert Andrea Meier von Robin Wood. Immer mehr Studien belegten, daß besonders Kinder durch Luftschadstoffe stark geschädigt würden. Die Folgen seien Asthma, Allergien, Leukämie und Krebs.

Grenzwerte für Dieselruß, Benzol und Stickstoffdioxid richteten sich nur am erwachsenen Durchschnittsmenschen aus. Das gelte auch für die neue (23.) Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz, die für die Belastung der Luft mit krebserregenden Stoffen zudem Grenzwerte vorsehe — nach Ansicht des Anwaltes der Kinder „grundrechtlich überhaupt nicht vertretbar“. Bei erwiesen krebserregenden Stoffen müsse die Belastung auf null heruntergeschraubt werden.

Deshalb sprechen die Eltern, der Anwalt und Robin Wood, das die Klage maßgeblich finanziert, von einer Musterklage. „Wir wollen den individuellen Schutzanspruch der Kinder auf körperliche Unversehrtheit durchsetzen“, sagt Anwalt Hubertus Baumeister. „Wenn das Auto heute noch mal erfunden würde, könnte es kein Genehmigungsverfahren mehr überstehen.“ Weil es um ein Grundrecht geht, will er notfalls durch alle Instanzen gehen.

Vorerst rechnen sich die Beteiligten gute Chancen auf einen Teilerfolg aus. Die minderjährigen KlägerInnen wohnen im Bremer Stadtteil Neustadt. Der ist eingekesselt von Hauptverkehrsadern, auf denen der Schwerlastverkehr Richtung Hannover und Oldenburg rollt. Zusätzlich wird eine neue Trasse für die Autobahn nach Hamburg geplant.

Schon vor Jahren bescheinigten ToxikologInnen der Uni Kiel den Neustadt-BewohnerInnen ein erhöhtes Krebsrisiko. Auch Messungen im Auftrag der Bremer Gesundheitsbehörde ergaben übergroße Mengen krebserregender Stoffen in der Luft. Die Vorläuferstoffe des Reizgases Ozon, wie Benzol, Dieselruß und Stickstoffdioxid, liegen in Nähe der Verkehrsknotenpunkte ständig weit über den Toleranzwerten des Länderausschusses Immissionsschutz (LAI). „Da müssen die Kleinen auf jedem Weg durch, egal ob zum Spielplatz oder zur Schule.“