Leutheusser will Verfassungsklage

Die frühere Bundesjustizministerin lotet aus, ob das nötige Drittel aller Bundestagsabgeordneten für eine Klage gegen das bayerische Abtreibungsgesetz zustande kommen kann  ■ Aus Berlin Kathrin Lohmann

Die FDP ist fest entschlossen, eine Verfassungsklage gegen die bayerischen Sondergesetze zum Abtreibungsrecht einzureichen. Dies sagte die frühere Justizminsterin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gestern im Gespräch mit der taz. Zugleich bringe sie zusammen mit der bayerischen FDP einen Volksentscheid gegen Bayerns Gesetze auf den Weg. „Natürlich formuliere ich noch keine Klage“, so Leutheusser-Schnarrenberger, „aber zur Zeit lote ich aus, ob wir das nötige Drittel aller Bundestagsabgeordneten für eine solche Klage zusammenbekommen.“ Ob die Liberale dieses Drittel hinter sich bringt, steht dahin. Denn neben den 47 Freidemokraten im Bundestag müßten auch Abgeordnete der Opposition eine Verfassungsklage fordern.

Doch Sozialdemokraten und Grüne zögern.

„Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht darf nur der allerletzte Schritt sein“, erklärte etwa die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Rita Grieshaber. Und auch bei der SPD wird noch diskutiert. Denn niemand mag dort vorhersagen, ob mit einer Klage nicht der alte Streit um das Abtreibungsrecht von vorne beginnen würde. Zumal eine Normenkontrollklage dem eher konservativen Zweiten Senat in Karlsruhe vorgelegt würde – eben jenem Senat, der schon 1993 die liberale Fristenregelung des Bundestags verworfen hatte.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger teilt diese Ängste nicht. „Das heutige Gesetz lehnt sich doch eng an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 1993 an.“ Dort heißt es zwar, es sei „unerläßlich“, daß Frauen, die abtreiben wollen, im Beratungsgespräch ihre Gründe für den Abbruch nennen. An anderer Stelle erklären die Verfassungsrichter aber auch, daß die Gesprächsbereitschaft einer Frau nicht erzwungen werden könne. Im Gesetz wurden diese Formulierungen fast wortgetreu übernommen. Außerdem verweist es ausdrücklich darauf, daß keiner Frau die Beratungsbescheinigung verweigert werden darf. Dies jedoch haben die Bayern nun festgeschrieben: Nach neuem Recht müssen Frauen hier die Gründe nennen, andernfalls bekommen sie keinen Schein und können nicht abtreiben.

Die SPD prüft nun, ob das Abtreibungsrecht nicht durch einen Zusatz klarer gefaßt werden könnte. Ein entsprechender Vorschlag der stellvertretenden SPD- Vorsitzenden Herta Däubler- Gmelin sieht vor, das Gesetz um den folgenden Satz zu ergänzen: „Frauen sollen in der Beratung ihre Gründe offenlegen; die Bescheinigung über die Beratung darf davon jedoch nicht abhängig gemacht werden.“

„Eine solche klarstellende Regelung brauchen wir nicht“, konterte Leutheusser-Schnarrenberger. Sie spricht von einem „Ablenkungsmanöver“ der SPD. „Auch mit einer solchen Klarstellung ist doch das bayerische Landesgesetz nicht außer Kraft gesetzt. Eine Verfassungsklage bleibt auch weiterhin unumgänglich.“