Rote Khmer laufen über

■ Schwerer Richtungsstreit an der Spitze der kambodschanischen Pol-Pot-Truppe

Bangkok (taz) – Die Führung der kambodschanischen Rote Khmer ist offenbar heftig zerstritten. Zwei hochrangige Militärs der Organisation seien mit 3.000 Kämpfern zur kambodschanischen Regierung übergelaufen, erklärte der zweite Premierminister Hun Sen gestern in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Gleichzeitig erklärte der geheime Radiosender der Roten Khmer, auch Ieng Sary, jahrzehntelang einer der engsten Vertrauten des Rote-Khmer-Führers Pol Pot, habe die Seite gewechselt.

Die beiden Kommandanten der heute insgesamt auf höchstens 10.000 Mann geschätzten Rote- Khmer-Truppen, Sok Peap und Ei Chien, beide von der Division 450, hätten ihre Stellungen in Phnom Malai und Pailin nicht verlassen, sagte der kambodschanische Premier. Sie seien nun zu Generälen der Regierungsarmee befördert worden.

Die Regierung in Phnom Penh habe ihnen auch zugesagt, daß sie ihre bisherigen Verwaltungsfunktionen vor Ort weiterhin ausüben könnten. Damit wären wichtige Teile des bislang noch von den Roten Khmer gehaltenen Territoriums unter die Kontrolle der Regierung geraten. Falls sich überdies die Nachricht vom Übertritt Ieng Sarys bestätigt, dann steht außer Frage, daß es innerhalb der Roten- Khmer-Führung zu einem schweren Bruch gekommen ist.

Ieng Sary gehörte seit den fünfziger Jahren zu den engsten Weggefährten Pol Pots. In den knapp vier Jahren grausamer Herrschaft der Roten Khmer von 1975 bis 1978, unter der über eine Million Menschen umkamen, war er Außenminister Kambodschas. Mit Pol Pot zog er sich später in die Guerillastützpunkte zurück.

Vor wenigen Wochen hielten sich hartnäckig Gerüchte, Pol Pot sei gestorben. Bestätigt wurde diese Nachricht nie.

Gestern teilte der Sender der Roten Khmer mit, Ieng Sary sei ein „Verräter an der Nation, der zum Feind übergelaufen ist“. Jutta Lietsch