Pieroth hat den Schwarzen Peter

■ Um die Existenz des "Instituts für angewandte Chemie" in Adlershof wird gerungen. Finanzierungsbeitrag des Landes von 6 Millionen Mark ist nicht gesichert

Im Senat wird um den Erhalt des seit dem Frühjahr von der Schließung bedrohten Instituts für angewandte Chemie in Adlershof (ACA) gerungen. Während der Technologiesenator und der Wissenschaftssenator Gelder für die Rettung des Instituts bereitstellen wollen, sträubt sich der Wirtschaftssenat noch gleichzuziehen.

Der Vorstand des ACA-Trägervereins hatte vergangene Woche die Auflösung des Instituts zum 31. März kommenden Jahres beschlossen. Rund 220 Mitarbeiter würden dann auf der Straße stehen, Berlin gingen Bundeszuschüsse in Höhe von mindestens 13,5 Millionen Mark und 5 bis 6 Millionen Mark an Forschungsaufträgen aus der Wirtschaft verloren.

Der ACA-Vorstand habe sich zum Auflösungsbeschluß gezwungen gesehen, weil der Senat bislang keine Entscheidung getroffen habe, die dem ACA ein Überleben über das Jahr 1997 hinaus sichern würde, so der wissenschaftliche Leiter des Instituts, Prof. Manfred Baerns. Vom Wissenschaftssenat hieß es dazu, man bemühe sich zur Zeit um eine „Weiterführung in schlankerer Form“, und der Wissenschaftssenator wolle dazu auch einen Beitrag leisten.

Das Bundesforschungsministerium, das das Institut bislang zusammen mit dem Land finanziert, hatte in den letzten Monaten für den Erhalt des ACAs geworben und sich auch bereit erklärt, es weiterhin im bisherigen Umfang zu fördern, wenn Berlin eine anteilige Gegenfinanzierung zusagen würde. Das im Frühjahr verabschiedete Haushaltsstrukturgesetz sieht vor, daß das Land ab 1998 keine Mittel mehr für das ACA bereitstellt. Das Abgeordnetenhaus stellte jedoch einen Prüfantrag mit dem Ziel, das Institut zu erhalten, mit dem sich bei seiner Gründung 1993 hochfliegende Hoffnungen verbunden hatten.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Anselm Lange, kritisierte die Senatspolitik, die das ACA opfere, als „in höchstem Maße unsinnig“. Das ACA verfolge ein „innovatives und einmaliges Konzept, chemische Grundlagenforschung mit anwendungsorientierter Entwicklungsarbeit zu verbinden“. Technologiesenator Peter Strieder (SPD) bezeichnete das ACA gegenüber der taz als einen „wesentlichen Kristallisationspunkt in Adlershof“, der auch aus „technologiepolitischen“ Gründen erhalten werden müsse.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bert Fleming, forderte die Wirtschaftssenatsverwaltung und die Wissenschaftssenatsverwaltung dazu auf, in Aussicht gestellte Beiträge fest zuzusagen.

Der strittige Finanzierungsanteil Berlins ist mittlerweile weit niedriger als die ursprünglichen 13,5 Millionen Mark. Es geht noch um rund 6 Millionen Mark, über deren Finanzierung sich der Wirtschafts-, der Wissenschafts- und der Technologiesenator bisher nicht einigen konnten. Während die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umwelt und Technologie 2 Millionen Mark beisteuern will und wohl ein ähnlicher Betrag aus dem Wissenschaftsressort kommen wird, will sich Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) noch nicht auf konkrete Zusagen einlassen.

„Wir können keine Wissenschaftsinstitutionen fördern“, erklärte Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Branoner (CDU). Eine Vergabe von Mitteln für „wirtschaftsrelevante Projekte“ werde derzeit geprüft. An anderer Stelle im Senat hieß es dazu, es sei fraglich, ob so der fehlende Beitrag erbracht werden könne. Auf Mietzahlungen durch das ACA in Höhe des fehlenden Betrags zu verzichten soll die Wirtschaftssenatsverwaltung bereits abgelehnt haben. Christian Meseth