Böger will öffentlichen Etat-Dialog

■ SPD-Fraktionschef Böger will keine geheimen „Sparklausuren“ mehr, vielmehr soll die ganze Stadt über den Haushalt diskutieren. Senatsressorts fordern trotz Sparvorgabe vier Milliarden Mark mehr als 96

Die SPD will weg vom „üblichen Spiel“ bei der Haushaltsaufstellung. Der Etat für 1997 müsse im „öffentlichen Dialog“ mit allen gesellschaftlichen Gruppen gefunden werden, sagte SPD-Fraktionschef Klaus Böger der taz. Die „Herkulesaufgabe“ der finanziellen Konsolidierung sei „nicht allein in Regierungskommissionen zu lösen“, spielte Böger auf die erstmals gebildeten Senatorenarbeitsgruppen an. Diese sollen bis Ende des Monats Eckpunkte des Kürzungshaushalts 1997 erarbeiten.

Die Senatsrunde will den neuerlichen Sparhaushalt in vier Gruppen vorbereiten: Soziale Sicherung, Innere Sicherheit, Personal und „Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Berlin“. Damit hofft der Senat, dem üblichen Ressortegoismus beizukommen. Die Teilnahme an den Arbeitsgruppen soll den SenatorInnen vorbehalten bleiben, heißt es im Senat. Themen und Termine seien Geheimsache.

Die SPD-Fraktionsspitze stützt dieses Konzept, will aber keinesfalls, daß die Ergebnisse der Senats-AGs den BürgerInnen verheimlicht werden. Klaus Böger forderte, den Haushaltsentwurf im September „mit allen gesellschaftlichen Gruppen zu diskutieren: mit Studenten, Gewerkschaften, Verbänden, Zuwendungsempfängern und Bezirken“. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Petra Merkel, meinte, bis dahin könnten die SenatorInnen „wie die Mönche und Nonnen“ den Etat vorbereiten.

Von den berüchtigten Sparklausuren im Senatsgästehaus distanzierte sich Fraktionschef Böger. „Ich weigere mich, erneut zu Klausursitzungen anzutreten, in denen über Nacht Milliardenbeträge gekürzt werden müssen.“ Den Nachtragshaushalt für 1996 hatte die Koalition im Frühjahr binnen weniger Wochen durchgepeitscht. Dabei war eine sogenannte Deckungslücke von rund fünf Milliarden Mark zu schließen. Die Höhe der Kürzungen für 1997 bezifferte SPD-Geschäftsführerin Merkel auf erneut fünf Milliarden Mark.

Weder Merkel noch Böger ließen Zweifel an dem harten Einsparungskurs. „Selbst wenn uns das gelingt, was im letzten Haushaltsstrukturgesetz steht, geben wir 1999 rund 35 Prozent der Steuereinnahmen für Zinsen aus“, rechnete der SPD-Fraktionschef vor. Entgegen Stimmen aus der CDU nannte auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen die finanzielle Konsolidierung „erstes und wichtigstes Ziel“. Davon ist der Senat derzeit allerdings noch weit entfernt. Bei den Etatanmeldungen für 97 regierte noch der Ressortegoismus. Allein bei den Ausgaben liegen die einzelnen Verwaltungen um 4 Milliarden Mark über dem Ansatz des letzten Haushalts. Christian Füller