Umweltschützer klagen gegen Biescas und Aragón

■ Ein Gutachten belegt Indizien: Der Campinglatz in den Pyrenäen stand auf einer Moräne. Das spanische Gesetz verbietet seit 1982 Zeltplätze an, in und um Flüsse

Madrid (taz) – Ein Gutachten des Verbandes der spanischen Umweltschutzorganisationen (CODA) belegt alle Indizien nach dem Unglück in Biescas: Der Campingplatz Las Nieves war entgegen allen gesetzlichen Bestimmungen in einem Überschwemmungsgebiet errichtet worden. CODA wird deshalb gegen die Genehmigungsbehörden klagen. Mindestens 82 Menschen sind bei der Überschwemmung in den spanischen Pyrenäen ums Leben gekommen.

Der Campingplatz wurde auf einer Geröllhalde errichtet. Die war als Grundmoräne eines früheren Gletschers entstanden und in Flutwellen angeschwemmt worden. Sedimentablagerungen zeigen, daß sich das Wasser von jeher den Weg nahm, den es auch vergangene Woche suchte. Die Regenfälle des 2.000 Hektar großen Aras-Tales ergossen sich auf ihrem Weg in den Gállego über den Campingplatz. „Las Nieves liegt mitten in einer Gefahrenzone“, schlußfolgert das Umweltgutachten. Er hätte nie genehmigt werden dürfen. Sowohl im Gesetz von 1982 als auch in reformierten Werken von 1984 und 1990 heißt es: „Ein Campingplatz darf auf gar keinen Fall im Uferbereich oder in ausgetrockneten Läufen von Flüssen oder in von Überschwemmungen bedrohten Gebieten errichtet werden.“ Grundsätze, gegen die das Rathaus von Biescas und die Wasserschutzbehörden der Provinz Aragón verstießen, als sie 1986 Las Nieves genehmigten. Falls die Gerichte die Klage von CODA zulassen, wird gegen diese Behörden ermittelt werden.

Ein Verfahren, das auch den Geschädigten nützen würde, um Schadenersatzansprüche gegenüber den Versicherungen geltend zu machen. Die weigern sich bei Naturkatastrophen, die Opfer zu entschädigen. Die Opfer von Las Nieves können nur dann auf ein kleines finanzielles Trostpflaster hoffen, wenn sie ihr Fahrzeug Vollkasko versichert hatten. Die restlichen Sachschäden werden nicht abgedeckt, von den Personenschäden ganz zu schweigen. Der Besitzer von Las Nieves, Luis Bardají, kann ebenfalls nicht belangt werden, da er über den amtlichen Segen verfügte.

Der Campingplatz Las Nieves ist nicht der einzige Gesetzesverstoß des Rathauses von Biescas. Ein Baugenehmigungsantrag für einen weiteren Campingplatz, nur wenige hundert Meter von Las Nieves entfernt, liegt seit 1989 beim Obersten Regionalgericht in Aragón. Auch dieser Platz sollte im Ufergebiet des Gállego entstehen. Wie schon bei Las Nieves hatten die technischen Gutachten der Gemeinde Biescas ergeben, daß keine Gefahr besteht. Reiner Wandler