Bund will nachträglich abkassieren

■ Weil das Bundesvermögensamt von elf kommunalen Wohnungsbaugesellschaften Nachzahlungen für zwangsverwaltete Grundstücke fordert, kommen auf das Land Berlin Forderungen von 40 Mio. Mark zu

Auf das Land Berlin kommen möglicherweise Belastungen in Millionenhöhe zu. Hintergrund sind Forderungen der Oberfinanzdirektion an die landeseigenen Ostberliner Wohnungsbaugesellschaften.

Die kommunalen Unternehmen sollen dem Bundesvermögensamt rund 40 Millionen Mark zahlen. Weil manche der elf Gesellschaften nur über eine geringe Finanzkraft verfügen, fordern diese, das Land Berlin solle für die Zahlungen einspringen.

„Das Geld muß vom Senat kommen“, meint stellvertretend Jürgen Lüdtke, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Weißensee. Finanzstaatssekretär Peter Kurth (CDU) gesteht zwar zu, daß eine „grundsätzliche Klärung sowohl im Interesse der Wohnungsunternehmen als auch im Interesse des Landes Berlin unumgänglich“ sei. Klargestellt wird aber zugleich: „Die Zahlung aus dem Landeshaushalt kommt nicht in Betracht.“

Der Streit dreht sich um mehrere tausend Gewerbegrundstücke aus ehemaligem Volkseigentum der DDR, die eigentlich dem Bund gehören. Durch den Einigungsvertrag von 1990 wurden sie zur vorübergehenden Verwaltung und Nutzung den neuen Wohnungsbaugesellschaften übertragen. Die Oberfinanzdirektion Berlin fordert die Grundstücke jetzt nach und nach zurück.

Die Behörde treibe viele Grundstücke erst jetzt ein, weil bislang die notwendigen Informationen über die Besitzverhältnisse fehlten, so der Sprecher der Oberfinanzdirektion, Helmut John. Oftmals erfuhren die FinanzbeamtInnen nur durch Zufall, was ihnen gehört. Die Wohnungsbaugesellschaften hielten es umgekehrt für unwahrscheinlich, daß sich der Bund noch einmal um seine Grundstücke kümmern würde, heißt es bei den betroffenen Unternehmen.

Die Wohnungsunternehmen sollen nun aber nicht nur die Grundstücke zurückgeben, sondern gleich noch ein paar Millionen drauflegen. So kommen auf die Gesellschaft Weißensee Forderungen in Höhe von rund 3 Millionen Mark zu.

In Pankow sind es 8 Millionen Mark. Denn die Oberfinanzdirektion argumentiert damit, daß viele der Grundstücke während der vergangenen fünf Jahre an Gewerbebetriebe vermietet waren. Diese Einkünfte will der Bund rückwirkend abkassieren.

Die Wohnungsbaugesellschaft Weißensee sieht sich zur Zahlung nicht in der Lage. „Wir brauchen das Geld für die Sanierung der Altbauten im Bezirk“, meint Geschäftsführer Lüdtke. Schlecht ist die Finanzlage der Wohnungsbetriebe auch in Lichtenberg, Friedrichshain, Marzahn und Hellersdorf.

Demgegenüber seien die Wohnungsbaugesellschaften von Mitte, Pankow, und Hohenschönhausen „relativ reich“. Sie könnten deshalb durchaus zahlen, meint zumindest Helmut John, Sprecher der Oberfinanzdirektion. Hannes Koch