Rexrodt will VW-Subvention schützen

Bundeswirtschaftsminister erbittet Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissar van Miert, um eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wegen illegaler Zahlungen zu vermeiden  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Die Bundesregierung bemüht sich um eine einvernehmliche Lösung im Streit mit der EU-Kommission um die sächsischen VW- Subventionen. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt hat in einem Brief um ein Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert gebeten. Das bestätigte gestern ein Kommissionssprecher in Brüssel.

Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hatte Ende Juli die EU-Kommission wissen lassen, daß er gegen ihr ausdrückliches Verbot 90 Millionen Mark an Subventionen an den VW-Konzern gezahlt hat. VW hatte damit gedroht, sonst auf die Erweiterung der Werke in Mosel und Chemnitz zu verzichten und die Produktion in die Slowakei zu verlagern.

Die EU-Kommission sieht in der nicht genehmigten Beihilfe einen klaren Bruch des europäischen Wettbewerbsrechts. Nach EU-Recht sind Subventionen nur im Ausnahmefall erlaubt. Anhand eines Vergleichsmodells im französischen Lothringen hat die EU- Kommission für die VW-Werke in Mosel und Chemnitz eine regionale Benachteiligung von 540 Millionen Mark errechnet. Soviel dürfen Bonn und Dresden dem Konzern als Entschädigung dafür zahlen, daß es im strukturschwachen Sachsen wenig Infrastruktur und kaum Zulieferbetriebe gibt.

Dieses Geld ist bereits geflossen, VW hat dafür insgesamt 2,5 Milliarden Mark investiert und rund 2.000 Arbeitsplätze geschaffen. Für eine Erweiterung der beiden Werke, die 1.000 neue Arbeitsplätze bringen soll, fordert VW weitere 240 Millionen Mark von Sachsen. Das hat die EU- Kommission verboten, weil der regionale Nachteil bereits bei der ersten Investition ausgeglichen wurde.

Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf bestreitet das Recht der EU-Kommission, die Subventionsrichtlinien auch auf Ostdeutschland anzuwenden. Er bezieht sich auf einen Artikel im EU- Vertrag, nach dem Maßnahmen erlaubt sind, um Folgen der deutschen Teilung zu beseitigen. Er will deshalb gegen das Subventionsverbot vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Die Bundesregierung sieht das ähnlich, hat jedoch das Problem, daß sie sich an EU- Recht halten muß. Sie kann mit Sachsen gegen die Entscheidung der EU-Kommission klagen, müßte aber gleichzeitig dafür sorgen, daß sich Sachsen bis zum Urteilsspruch frühestens in einigen Monaten an das Subventionsverbot hält. Rexrodt will mit seinem Gesprächsgesuch offenbar verhindern, daß die EU-Kommission ihrerseits vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik klagt. Für Brüssel ist Bonn der Ansprechpartner, nicht Sachsen.