„Nicht auf die Pauke hauen“

■ Innenressort schweigt zur Scientology-Debatte / Kampf läuft

Bremen will sich nicht offiziell an der Diskussion um die Scientology-Organisation einschalten. „Wir wollen nicht voreilig auf die Pauke hauen und dann vor Gericht hinten runter fallen“, gab Sprecher Stefan Luft die Stimmung im Innenressort wieder. Vor dem Verwaltungsgericht haben Behörde und Sekte schon häufiger die Klingen gekreuzt – mit wechselnden Siegern und Marsch durch viele Instanzen.

Immer, wenn man mit einer konkreten Klage gegen Scientology scheitere, könne die Organisation das als „Persilschein“ für weitere Aktivitäten begreifen, begründete Luft die Zurückhaltung.

Bayerns Vorstoß, die Jünger des Scientology-Gründers Ron Hubbard per Fragebogen und Gesinnungstests davon abzuhalten, in den Öffentlichen Dienst einzusickern, ist daher in Bremen kein Thema. Das hochsensible Thema hat schon zu Differenzen zwischen Washington und Bonn geführt. Da schweigt Bremen und hält sich an die Beschlüsse der Innenminister-Konferenz.

Es werde wie vereinbart geprüft, ob die Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet werden könne, sagte Luft. Dazu müsse sich aber herausstellen, daß die Scientologen die demokratische Grundordnung gefährden und eine extremistische Organisation sind. Ein Verbot sei bei der bundesweit operierenden Gruppe, die in Bremen feudal am Osterdeich logiert nur vom Bundesinnenminister auszusprechen. Noch bestehe aber auch in Bonn Klärungsbedarf.

Die Geschichte des Streits Bremen gegen Scientology begann 1993: Das Stadtamt hatte angeordnet, daß die angebliche Religionsgemeinschaft für ihre Aktivitäten ein Gewerbe anmelden müsse. Einen Widerspruch schmetterte die Senatsverwaltung für Wirtschaft ab. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Behördenentscheidung im Juni 1995.

Im Dezember 1993 hatte das Stadtamt verfügt, Scientology dürfe nicht mehr zu WerbezweckeMenschen im Stadtgebiet ansprechen. Die Innenbehörde bestätigte diese Verfügung und wies den Widerspruch zurück. Vor dem Verwaltungsgericht zog die Behörde aber nach Auskunft von Luft in erster Instanz den Kürzeren, habe aber Rechtsmittel eingelegt.

Die jüngste Offensive gegen Scientology stammt aus dem September 1994. Die Innenbehörde entzog dem eingetragenen Verein die Rechtsfähigkeit, weil er entgegen dem ideellen Satzungszweck wirtschaftlich tätig sei. Über den flugs eingelegten Widerspruch der Sekte sei noch nicht entschieden. Es sei noch sehr viel in der Schwebe zwischen Scientology und dem Land Bremen, so Luft. Daher habe man keinen Bedarf, sich jetzt aus dem Fenster zu lehnen. jof