Die Spur der ungeliebten Steine

■ Das Land Berlin sucht händeringend Abnehmer für 21.000 Tonnen Steine vom Entwicklungsgebiet Moabiter Werder. Gratisabgabe an Tiefbauämter scheiterte

Die Zeit drängt. Berlin sucht bis Ende des Monats für 21.000 Tonnen Steine neue Besitzer. Die Steine sind nicht irgendwelche Steine. Sie stammen aus der Entwicklungsmaßnahme „Hauptstadt Berlin – Parlaments- und Regierungsviertel“ und wurden im Entwicklungsgebiet Moabiter Werder rausgerissen, damit dort Nobelherbergen für Bonner Parlamentarier entstehen können. Um pünktlich im Herbst mit dem Bauaushub beginnen zu können, sucht die Deutsche Stadtentwicklungsgesellschaft (DSK) als treuhänderischer Entwicklungsträger des Landes Berlin nun zahlende Abnehmer für die Reihenstein-, Granit- und Polygonalpflaster.

Der erste Versuch, die Steinchen kostenlos an Tiefbauämter abzugeben, erwies sich als steiniger Weg. Die meisten winkten dankend ab. „Das Angebot ist zwar verlockend“, meint Michael Proll vom Tiefbauamt Tiergarten, „doch wir haben kein Geld zur Zwischenlagerung.“ Werner Bonk vom Tiefbauamt Hellersdorf hat noch ein anderes Problem. „Es bringt nichts, einfach die Steine zu nehmen“, sagt er. „Dazu kommen die Kosten für Transport und Aufladen.“ Habe man Pech, müßten die Steine noch von Hand sortiert werden. Weniger pflastermüde ist das Tiefbauamt Mitte. Wenn sich herausstelle, so Peter Lexen, daß die Qualität gut sei, wolle man mehrere Tonnen nehmen und auf Baustellen zwischenlagern.

Weil die Tiefbauämter entgegen der Bauernweisheit dem geschenkten Gaul ins Maul geschaut haben, entschloß sich die DSK nach Angaben von Jörn Dargel zu einem „Markttest“. Mit Anzeigen in Tageszeitungen versucht man nun, die Steine gegen Gebot loszuschlagen. Dargel will das Angebot, das nur bis nächsten Montag gilt, aber nicht als Sauer-Bier-Aktion verstanden wissen: „Das sind kostbare Materialien“, betont er, „richtig ordentliches Pflaster.“ Weil es um Mittel des Landes gehe, suche man die „preiswerteste Lösung“. Warum verwendet die DSK die Steine nicht selbst? Die Rechnung ist einfach: Es ist günstiger, die komplette Menge zu verscherbeln und die Lagerkosten von bis zu einer halben Million Mark pro Jahr zu sparen und neue Steine zu kaufen. Hobbywerkler, die ihre Garagenauffahrt pflastern wollen, hat die DSK nicht im Visier. „Öffentliche Bauträger mit großvolumigem Bedarf“ sollen es sein. Nach Dargels Angaben gibt es bereits „viele Angebote für die komplette Menge“. Weil der Markt „heterogen“ sei, trenne sich schnell die Spreu vom Weizen. Interessenten sollten sich beeilen: Letzter Abholtermin ist der 31. August.

Großabnehmer melden sich bei der Planungsgemeinschaft Bodensanierung Regierungsviertel c/o GWAC mbH, Tel. 859972-0, Fax 859972-28 Barbara Bollwahn