Diese Intensität des Hasses

■ Hardboiled, schwarz: Der zweite Aaron-Gunner-Krimi erschien im Hamburger Rotbuch Verlag

Ohne Umschweife wird hier tief in den Dreck gelangt. Bereits im Prolog, der den Selbstmord des Ex-Polizisten Jack Mc Govern nachzeichnet, wird ordentlich provoziert, indem für die offenkundig rassistische Polizei von Los Angeles Partei ergriffen wird. Mc Govern habe in korrekter Ausübung seines Dienstes auf einen Schwarzen geschossen und dabei alles verloren, heißt es da, fragwürdig die Opferrolle der Polizei pointierend. Die lesenden Augenschlitze verengen sich bei den anfänglichen Rehabilitationen einer Polizei, die 1992 den schwarzen Verkehrssünder Rodney King halb tot prügelte.

Doch bei jenem stillschweigenden, später auch von seinen Figuren geäußerten Einwand: „Aber schließlich haben sie viele andere ermordet“, packt einen der amerikanische Krimiautor Gar Anthony Haywood in seinem zweiten Aaron-Gunner-Krimi Angeschwärzt am moralischen Schopf. Denn genau hier setzt der schwarze Privatdetektiv Aaron Gunner an, wenn er posthum die Unschuld des Streifenpolizisten Mc Govern am Tod des zwölfjährigen Lendell Washington zu beweisen sucht. Gunner, der die bei hardboiled-Detektiven schon zur Konfektion gehörenden Probleme mit Frauen hat, setzt sich zwischen alle Stühle.

Die Kollegen im Police Department bestätigen ihm, daß Mc Govern ein ebenso sadistischer wie rassistischer Wüstling in Uniform war. Die Nation of Islam und ein dubioser Winkeladvokat, die die Bürgerrechte gegenüber den Polizeiübergriffen stärken wollen, halten ihn unumwunden für einen Onkel Tom, denn „wenn man nur ein paar Schritt vom ausgetretenen Pfad eines schwarzen Codes abwich, handelte man sich den Vorwurf des Verrats ein“. Doch für beide Seiten scheint der Fall exemplarisch genug, um ihn politisch zu instrumentalisieren. Kurz nach den Riots von Los Angeles, „die den größten Schaden im Ansehen der L.A. Police in ihrer 215jährigen Geschichte anrichteten“, setzte Polizeichef Bowden mit der umstandslosen Entlassung eines alten Schleifers ein wirkungsvolles Signal für einen Neubeginn. Die Wahl fiel auf Mc Govern, jenen Cop, der drei der vier Officers ausbildete, die Rodney King verprügelten.

In diesen Filz stolpert nun der Privatdetektiv, um zu beweisen, daß der bei allen ungelittene Mc Govern seine Dienstmarke für einen Mord verlor, den er in Notwehr begangen habe. Dabei helfen ihm neben seinen guten Kontakten zur Polizei die Kenntnisse der unterschiedlichen Sprechweisen. Gunner ist in der Lage, Zwischentöne in den verstockten Auslassungen der Polizei wie den Slang des Schwarzen-Ghettos zu dechiffrieren. So gelingt es Haywood vor allem über sprachliche Kontraste, schieren Haß herauszuschälen. Diese Intensität des Hasses macht es auch, daß der Privatdetektiv in seinem etwas schwiemeligen Epilog all seine Appelle an die Menschlichkeit fahren läßt. In Übereinstimmung mit der Polizei hält auch er nun die Situation in Los Angeles für einen Krieg wie jenen in Vietnam. Nur daß dieser auch für einen „guten“ Schwarzen wie Gunner nicht zu gewinnen ist. Volker Marquardt

Gar Anthony Haywood: Angeschwärzt, Rotbuch Krimi, 16,90 Mark