Kollektive Unverantwortlichkeit

■ Polizeigewerkschaft kritisiert Sparmaßnahmen, den Innensenator und die Dezentralisierung der Kripo

Dieter Langendörfer kriegt sie alle. Erst schnappte er als Chef der Polizei-Sonderkommission die Reemtsma-Entführer Richter und Koszics. Dann brachte er als Hamburger Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) mit markigen Worten den von ihm als Frühstücksdirektor titulierten Polizeichef Arved Semerak zu Fall. Auf der gestrigen BDK-Deligiertenkonferenz knöpfte sich der aufmüpfige Kriminaloberrat schließlich noch einmal Innensenator Hartmuth Wrocklage vor, den er schon im vergangenen Monat als „imkompetent“ bezeichnet hatte.

Wer als Polizist den Mund aufmache, werde von der „politischen Führung“ in „eine destruktive Ecke“ gestellt, beklagte der 46jährige Kripo-Beamte die Reaktion auf seinen Rundumschlag. „Kritische Fragen“ zum stagnierenden Polizeietat würden nur „als Besitzstandsdenken“ abgetan. Er selbst habe sich nur vorzuwerfen, daß seine Kritik „in Stil und Form nicht immer ausgereift“ gewesen sei, flankierte Langendörfer seine Attacke mit einem bißchen Selbstkritik.

Danach aber waltete Hamburgs bekanntester Fahnder wieder seines gewerkschaftlichen Amtes. Während sich „die Auftragslage des Sicherheitsunternehmens Hamburg seit 1975 fast verdoppelt“ hätte, wäre sein Personalbestand fast gleich geblieben. Immer mehr Straftaten würden mangels Personal nicht mehr verfolgt. „Die Gewährleistung der Sicherheit für Hamburg“ sei deshalb gefährdet.

Solche Schwarzmalereien wollte Innenbehörden-Staatsrat Wolfgang Prill nicht unwidersprochen lassen. Durch aufgebauschte Kriminalitätsszenarien werde nur „Angst geschürt“. Die Polizei hätte lediglich einen ganz geringen Beitrag zum Sparetat leisten müssen, sie werde „nicht kaputtgespart“.

Während die Wogen um den Sparhaushalt noch nicht geglättet sind, schossen sich die BDK-Deligierten schon auf's nächste Thema ein: Die von Wrocklage geplante Schaffung dezentraler Polizeikommissariate, welche Ermittlungsaufgaben des Landeskriminalamtes übernehmen sollen. BDK-Funktionär Rolf Jaeger kritisierte, daß eine „zersplitterte Kriminalpolizei“ nur zu „kollektiver Unverantwortlichkeit führen“ würde. Da in Zukunft neben Kripo-Beamten auf den Revieren auch „Schutzpolizisten für die Kriminalitätsaufklärung“ zuständig seien, führe der Weg hin zum „Einheitspolizisten“.

Am Ende dieser Entwicklung sieht Jaeger die Polizei als eine Ansammlung „generalausgebildeter Universaldilettanten, die von allem nichts verstehen“. Marco Carini