„Gütesiegel ist kein Garant für Qualität“

■ Weiterbildung: Betriebsräte kritisieren freiwillige Selbstkontrolle der Träger

Was ist ein Gütesiegel wert, das sich die damit Ausgezeichneten im Grunde selbst verleihen? Nicht viel, meinte der Arbeitskreis der Betriebsräte Hamburger Weiterbildungsträger und sorgte so auf der 4. Weiterbildungsmesse am Wochenende für reichlich Sprengstoff.

„Das Gütesiegel kann sich fast jeder Anbieter ans Hemd kleben“, sagte der Betriebsrat Peter Petersen bei einer Diskussion im „Forum III“ der Messe. Ein „Garant für Qualität“ der Weiterbildung sei es nicht. Denn die Anwärter auf das Siegel – seit Januar 1994 haben es rund 130 der insgesamt 200 Träger bekommen – könnten die Fragebögen nach Gutdünken selbst ausfüllen. Die Betriebsräte hingegen würden nicht gefragt. Auch seien die Kriterien sehr schwammig. So würde lediglich eine „angemessene“ Bezahlung der Mitarbeiter verlangt, die sich „zum Beispiel am Tarif“ orientieren könne. Auch müsse die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter lediglich „angemessen“ im Verhältnis zur Größe der Einrichtung sein.

Doch gerade eine „Unzahl von ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen und Freiberuflern, die als schlecht bezahlte Tagelöhner arbeiten“, ist nach Ansicht des Betriebsrats Roland Kohsiek kennzeichnend für die Weiterbildungsszene: „Die Branche ist nicht so strahlend, wie sie sich hier auf der Messe darstellt.“ Zu leiden haben darunter die Kursteilnehmer. Eine hohe Fluktuation von schlecht bezahlten Dozenten gefährde den erfolgreichen Abschluß der Bildungsmaßnahmen.

Daß sie mit ihrer Kritik nicht vollkommen daneben liegen, sehen die Betriebsräte auch dadurch bestätigt, daß kürzlich zwei Gütesiegel-Trägern vom Prüfdienst des Arbeitsamtes Maßnahmen entzogen worden seien. Bei dem einem soll es sich gar um das ehemalige Unternehmen eines prominenten Mitglieds des Vereins „Weiterbildung Hamburg e. V.“ handeln, der die Gütesiegel vergibt.

„Wir haben nicht die Möglichkeit, jeden Tag in die Einrichtungen hineinzugehen“, verteidigte sich Vereins-Geschäftsführer Thomas Krüger gegenüber den Betriebsräten. Gleichwohl würden in allen Gütesiegel-Betrieben Stichproben und Vor-Ort-Kontrollen durch die sogenannten Gutachterausschüsse des Vereins durchgeführt. Die Mitglieder jener Ausschüsse wiederum werden aus der Mitte der Vereinsmitglieder gewählt. Es herrsche, so Krüger, auf dem Weiterbildungsmarkt eine derartige Konkurrenzsituation, daß man sich kaum vorstellen könne, „daß da so etwas wie ein ,Closed Shop' entsteht“.

Auch der Vereinsvorsitzende Rolf Salo warb gegenüber der taz für die „sehr demokratische“ Arbeitsweise der Gütesiegelvergeber. Die monierten Kriterien seien auch „als Ergebnis von Kompromissen“ zu sehen. So sei es ein Erfolg, daß man den Bereich der Sprachschulen, wo „Dumpingpreise und unqualifizierte Dozenten an der Tagesordnung waren und sind“, überhaupt mit an den Tisch bekommen habe. Salo: „Besser, es werden die ganz schwarzen Schafe weggeschossen, als daß gar nichts passiert.“

Die Betriebsräte sind da anderer Meinung. Kohsiek: „Es gibt nicht nur wenige schwarze Schafe, es gibt strukturelle Probleme.“

Um diese zu beheben, wäre vielleicht doch ein Weiterbildungsschutzgesetz nicht schlecht. Vor zwei Jahren, noch bevor das Gütesiegel aus der Taufe gehoben wurde, war dies die diskutierte Alternative. Kaija Kutter