Neue Zirkusluft

■ „Que-Cir-Que“, der Nachfolgezirkus zu „Cirque O“, gastiert auf Kampnagel

Noch ist es fröstelig, da locken die Zirkusse in die Zelte auf die Wiesen: während Roncalli am Millerntor dem Publikum die Nasen rot tupft, geht's seit Mittwoch abend im Schatten der Kampnagelfabrik in Winterhude rund um den tragenden Mast im Que-Cir-Que. Als CirqueO hatte das kleine Unternehmen des Schweizers Ueli Hirzel 1991 erfolgreich seinen zirzensischen Kontrapunkt in Hamburg gesetzt und bekam in der Presse das Prädikat „Anti-Roncalli“ verpaßt.

Nun spielen im kleinen Zelt die drei Akrobaten Emmanuelle Jacquelin, Hyacinthe Reisch und Jean-Paul Lefeuvre im Kreise des Publikums die drei Akrobaten Emmanuelle, Hyacinthe und Jean-Paul. Ohne Worte – abgesehen von einem gelegentlich kichernd eingestreuten „Que Cirque“ einer unsichtbaren Stimme – erzählen sie mit Körpern und Spielzeugen aus ihrem Zirkusleben: Emmanuelle von ihren Verstrickungen an langen Gummibändern, in denen sie sich traumverloren verfängt, Hyacinthe mit seinem Röhnrad und Jean-Paul mit seinem pedallosen Fahrrad und am Ende nur noch mit dem Fahrradschlauch, den er zum bühnenreifen Requisit adelt. Und selbst beim Umbau reißt der Erzählfaden nicht ab, wenn die beiden Männer sich als Pausenclowns trietzen, sich ineinander verwickeln, aufeinander balancieren und nebenbei das Trapez für Emmanuelle aufbauen.

Zu Beginn karikiert ein absurder kleiner Wettbewerb, bei dem Emmanuelle zwei Kerzen auf ihren ausgestreckten Händen hält, sensationslüsterne Manegenummern wie Messerwerfereien oder Dompteure, die ihre Köpfe in Löwenmäuler legen. Jean-Paul, der drahtige, traurig-komisch renitente und kahle Antiheld in Turnunterhose, und Hyacinthe in losem Leibchen und mit kaum gebändigter Haarpracht, versuchen auf einer Art Wippe schwankend, die Lichter auszublasen. Diesmal gewinnt Jean-Paul ein Küßchen und Hyacinthe kassiert die Watsche der Dame.

Nicht Kitsch und auch nicht vorgegaukelte Todesnähe inspirieren diese Zirkusluft. Das verspielte durchtrainierte Trio, das mit Lust der Schwerkraft trotzt, läßt das Publikum mal schmunzeln, mal staunen über die mitunter skurrilen Fertigkeiten, mit denen die wenigen Spielzeuge lebendig werden. Und wenn nach gut eineinhalb Stunden die Geschichten erzählt sind, zaubern die drei zum Finale noch eine ansehnliche Theke samt Faß ins Bühnenrund und bitten die Gäste auf ein Bierchen, und man kommt ins Erzählen.

Julia Kossmann

bis 14.5. mittwochs bis sonntags 20.30 Uhr Kampnagel ÄZeltÜ