Bildungsurlaub für die Sprachreise

■ Nur wenige Bundesländer erkennen Sprachkurse und Sprachreisen als Bildungsurlaub an. Eine großzügige Regelung hat Hamburg

In Zeiten des transnationalen Austauschs von Waren, Kapital und auch Menschen und der vielzitierten Interkulturalität ist der Erwerb von Fremdsprachen notwendiger denn je. In diesem Jahr bietet die Landesarbeitsgemeinschaft „Arbeit und Leben – DGB/VHS Hamburg e.V.“ mehrere Bildungsurlaubsseminare an, die unter „Sprachreisen“ oder „Sprachunterricht“ firmieren können – in Ländern wie Dänemark, Schweden, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Irland oder Italien.

Dieser Sprachunterricht sollte ein Moment der politischen Bildungsarbeit im Ausland sein und weniger der beruflichen (sprachlichen) Qualifizierung dienen, auch wenn das manchmal nicht voneinander zu trennen ist. Die Leute lernen in verschiedenen Niveaueinheiten am Vormittag die Sprache, je nach ihrer Sprachkenntnis bezieht sich der Sprachunterricht auf das nachmittags stattfindende gesellschaftspolitische Programm. Aus didaktisch-methodischen Gründen wird versucht, die beiden Komponenten miteinander zu verbinden.

Die Spracharbeit erfolgt in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen oder Sprachschulen vor Ort, die qualifizierte Lehrkräfte und Lernmittel zur Verfügung stellen. Der gesellschaftspolitische Teil kann unterschiedliche Schwerpunkte haben: von der allgemeinen Landerkundung bis hin zur Auseinandersetzung mit sozioökonomischen Strukturen oder ökologischen Problemen der Region. Zum Beispiel soll auf La Palma nicht nur Spanisch gelernt, sondern auch die Ökologie der von TouristInnen heimgesuchten kanarischen Insel behandelt werden.

Da die TeilnehmerInnen am Bildungsurlaub nicht immer die Möglichkeit (und das Geld) haben, ins Ausland zu reisen, wurde dieses Konzept stationär übertragen. „Sprache und Politik“ gibt es auch in Hamburg, hauptsächlich für Englisch. Versuche mit anderen Sprachen wie Französisch, Spanisch und Türkisch sind bisher zaghaft geblieben. Auch vor Ort in Hamburg geht es „um Land und Leute, Arbeit, Wohnen, Umwelt, um Frauen, Männer – und das alles auf englisch“. Die Kurse werden von MuttersprachlerInnen geleitet, die als interkulturelle MittlerInnen in dieser etwas „künstlichen“ Situation fungieren.

Beide Seminartypen werden in Hamburg als Bildungsveranstaltungen der politischen und beruflichen Weiterbildung anerkannt. Auch im Dickicht der Bildungsurlaubs- bzw. Freistellungsgesetze in den anderen Bundesländern verbirgt sich die Möglichkeit für ArbeitnehmerInnen, an solchen Seminaren im Rahmen ihres Anspruchs auf Bildungsurlaub teilzunehmen: nämlich in Schleswig- Holstein, in Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen, jedoch nicht in Berlin. Dort müssen Sprachkurse zu zwei Dritteln der berufsorientierten, fachsprachlichen Weiterbildung dienen. Und auch Landeskunde wird in Berlin nicht per se als Beitrag zur politischen Bildung im Sinne des Bildungsurlaubsgesetzes angesehen. „Wir wollen doch nicht die Schleusen des Himmels öffnen und sämtliche Sprachreisen anerkennen lassen“, so die Zuständige Marcks vom Senat für berufliche Bildung. Auch in Hessen wurden Sprachreisen, die in Hamburg anerkannt sind, nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 6. Oktober 1995 (Az.: 15Sa20/95) abgelehnt. Jedes Freistellungsgesetz hat seine Besonderheiten, die die jeweiligen Veranstalter bei der Beantragung zu berücksichtigen haben.

Von Nadine Gevret

Weitere Informationen: „Arbeit und Leben – DGB/VHS Landesarbeitsgemeinschaft Hamburg e.V.“, Besenbinderhof 60,

20097 Hamburg,

Tel.: 040-241747 oder 2858620, Fax: 040-241747