Das Portrait
: Des Kanzlers Mann

■ Hans Tietmeyer

Solange die D-Mark bleibt, bleibt auch er. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Hans Tietmeyer, wird am Sonntag 65. Seinen Arbeitsplatz für einen Jüngeren räumen will der Westfale deshalb noch nicht. Der promovierte Volkswirt möchte die Stabilität der D-Mark verteidigen, bis ein harter Euro sie ablöst.

Als eines von elf Geschwistern, in einer Familie, die „knapp bei Kasse“ (Tietmeyer) war, hat der Münsterländer gelernt, mit Geld umzugehen. Tietmeyer, nach eigenen Aussagen geprägt von dörflichem Leben, katholischer Kirche und preußischer Disziplin, schlug mit ebensolcher 1962 eine Karriere im Bundeswirtschaftsministerium ein. 1973 stieg das CDU-Mitglied Tietmeyer zum Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik im Ministerium auf. Er galt als graue Eminenz des Hauses. In dieser Rolle verfaßte Tietmeyer 1982 schließlich den Entwurf des sogenannten Lambsdorff-Papiers. Dessen Thesen gelten als Auslöser für die Ablösung der sozialliberalen Koalition.

Auch für Tietmeyer gab es eine Wende: Bundeskanzler Helmut Kohl beförderte ihn zum Staatssekretär im Finanzministerium, wo er für Währungsfragen zuständig war. Als „Mann des Kanzlers“ und Musterschüler der Markwirtschaft bekannt, bereitete Tietmeyer die jährlichen Weltwirtschaftsgipfel vor und kümmerte sich um internationale Finanzkontakte. Mit fundiertem Wissen gewann der Unionsmann immer mehr Macht. Sein wachsender Einfluß machte ihn 1988 zur Zielscheibe eines mißlungenen Mordanschlags des RAF-Kommandos Khaled Aker.

Kohl blieb er noch treu, als er bereits ins Direktorium der Deutschen Bank gewechselt war: 1990 holte ihn der Kanzler als seinen persönlichen Vertrauten zu den Verhandlungen mit der DDR zur geplanten Wirtschafts- und Währungsunion. Tietmeyer bastelte an einer Währungsunion, die seinen Chef blühende Landschaften verheißen ließ – real aber Millionen von Arbeitslosen brachte.

Bei der Bundesbank wurde Tietmeyer anschließend Vizechef und rückte 1993 an die Spitze der Notenbank. Wenn der Euro kommt, kann sich der Workaholic zur Ruhe setzen. Den Sessel des Chefs der künftigen Europäischen Zentralbank wird vermutlich ein Niederländer einnehmen. Manuela Römer