Islamistische alte Herren müssen hinter Gitter

■ Oberstes ägyptisches Militärgericht verurteilt Muslimbrüder zu Zuchthausstrafen

Kairo (taz) – Unter tumultartigen Szenen hat das oberste ägyptische Militärgericht am Donnerstag sein Urteil gegen dreizehn Mitglieder der islamistischen Muslimbrüder verkündet. Sieben wurden zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, einer bekam ein Jahr auf Bewährung, die fünf anderen wurden freigesprochen. Manche der Angehörigen brachen angesichts der Strafen für die zum Teil über 70jährigen in Tränen aus.

Unter den Verurteilten, die im April festgenommen worden waren, sind Professoren, frühere Parlamentsmitglieder, führende Mitglieder von Berufsgenossenschaften und mehrere Kandidaten, die bei den Parlamentswahlen im November angetreten waren. Präsident Husni Mubarak ließ sie vor drei Monaten per Dekret dem Militärgericht überstellen. Ihnen wurde vorgeworfen, einer geheimen Organisation mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen, angehört und regierungsfeindliche Propaganda betrieben zu haben.

Die Muslimbrüder sind zwar offiziell verboten, wurden aber jahrelang mit einem halblegalen Status, offiziellen Büros und Mitgliedern im Parlament toleriert. Im Gegensatz zu militanten islamistischen Gruppen, wie der Gamaat al-Islamija, versuchten sich die Muslimbrüder in einer Art „Marsch durch die Institutionen“.

Letztes Jahr schaltete die Regierung Mubarak jedoch eine härtere Gangart gegenüber der islamistischen Organisation ein. Das Hauptbüro im Zentrum Kairos wurde geschlossen. Mehr als 130 Muslimbrüder wurden dem Militärgericht übergeben, 55 von ihnen zu Haftstrafen bis zu fünf Jahren verurteilt. Das jetzt abgeschlossene dritte Gerichtsverfahren war der bisher letzte Prozeß in dieser Reihe.

Für die Muslimbrüder entbehren die Verfahren jeglicher Legitimität. Ihr Sprecher Mamun al-Hudeibi kritisiert, es handele sich um „einen politischen Fall“. Für den Anwalt und ehemaligen Richter gibt es „keinerlei Beweise, daß einer der Angeklagten etwas Ungesetzliches getan hat“.

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisiert das Gerichtsverfahren gegen die Muslimbrüder. Das Urteil verstärke den Eindruck, daß die Regierung dann Zivilisten dem Militärgericht überstelle, wenn es nicht genug Beweise für eine anderweitige Verurteilung gebe.

Unter den Angeklagten waren auch mehrere Gründer von al-Wasat (Die Mitte). Die Gruppe hatte zu Beginn dieses Jahres einen Antrag auf Zulassung als Partei gestellt. Der Gründer der Organisation, Abu Ella Madi, sprach von einer moderaten und toleranten islamistischen Partei „ähnlich der deutschen CDU“. Die Regierung antwortete mit der Festnahme Madis und mehrerer führender Mitglieder. Die wurden zwar mittlerweile freigelassen, daß ihr Parteiprojekt zugelassen wird, ist trotzdem nicht anzunehmen. Karim El-Gawhary