■ Keine Satire!
: Tod einer „großen Geschichte“

Diese Geschichte ist so doof, daß es schwer fällt, darüber überhaupt zu berichten. Wir sehen uns jedoch dazu gezwungen, ein paar klärende Worte zu sprechen, schließlich wollen wir einen Artikel der Hamburger Morgenpost nicht unkommentiert lassen. Um uns mit dem kleinformatigen Boulevardblättchen auseinanderzusetzen, müssen wir uns allerdings auf ein Niveau begeben, das wir unseren LeserInnen nur sehr ungerne zumuten – es geht nicht anders.

Vergangenen Freitag hatte die taz hamburg auf der Sport-Seite einen Fragebogen abgedruckt, den Uli Maslo, der Trainer des Fußball- Bundesligisten FC St. Pauli, angeblich ausgefüllt haben soll. Unter anderem soll der 58jährige auf die Frage: „Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten?“ mit „Hitler, Stalin, Wähling (ehemaliger Manager des FC St. Pauli und jetziger Talentsucher des HSV; die Red.)“ geantwortet haben. Durch die einleitenden Sätze war das Frage-Antwort-Spiel eindeutig als Satire zu erkennen gewesen – nicht jedoch für Kay Fette, Sport-Redakteur von Hamburgs zusehends kleiner werdende Boulevardgazette Nummer zwei.

Der Journalist hatte sich Freitag mittag bei uns erkundigt, „wo wir den Fragenbogen her hätten“. Sehr enttäuscht war der Recherche-Fuchs, als er erfuhr, daß es den Fragebogen nicht wirklich gibt. Da sei ihm wohl „eine große Geschichte“ gestorben.

Das hielt den Mann aus der Griegstraße jedoch nicht davon ab, prompt den HSV und FC St. Pauli zu „alarmieren“ und in der Sonnabend-Ausgabe der handlichen Klo-Lektüre „das ganz üble Spiel mit Uli Maslo“ aufzudecken, das für „Zoff“ sorge. Fette, ein Meister des geschliffenen Wortes, versuchte in dem Artikel seine eigene Naivität dadurch zu vertuschen, daß er behauptete, „für viele Menschen“ sei der Fragenbogen als Satire „nicht verständlich“.

Eine kühne These, die keinesfalls zum öffentlichen Gebrauch des Plurals (Mehrzahl) berechtigt. Bislang wissen wir nur von einem mutmaßlich etwas schwergängigen Erdenbürger, der mit Satire auf dem Kriegsfuß steht und auch sonst nicht eben besonders geübt darin zu sein scheint, Ironie und Sarkasmus als solche zu identifizieren.

Um solche Unzulänglichkeiten für die Zukunft auszuschließen, bieten wir dem nicht mehr ganz jungen Mann an, hier bei uns im Hause ein sechswöchiges Praktikum zu absolvieren. Extrawürste würden wir Fette jedoch nicht braten. Wie jedem anderen Hospitanten auch würden wir ihm einbimsen, was Berichte, Meldungen und Kommentare sind, wie man ein Interview führt und eine Reportage hübsch rund schreibt. Am Ende könnte Fette sich dann an Glosse und Polemik versuchen, aber nur bei guter Führung.

Also, Herr Fette, zeigen Sie nur Mut. Sie müßten auch nicht auf unsere Warteliste, verspricht Ihnen ganz in echt,

Clemens Gerlach.