Press-Schlag
: Es gähnen Menschen

■ Bundesliga-Müdigkeit macht sich breit

Wortfetzen des Präsidenten: „... gegen eine Mannschaft verloren, die topmotiviert war... haben ja noch Zeit... 33 Spiele Zeit... ich denke, daß das heute das schwerste Spiel war.“ Dann sah man wie der hellerleuchtete Kopf vom Töpperwien in der Bewegung innehielt, als sein Träger aufgeregt nachfragte: „Das schwerste Spiel der ganzen Saison?“ Worauf der Präsident mit aller Freundlichkeit antwortete wie zu einem blöden Kind: „Nein. Heute.“ Er, Dr. Gerd Niebaum, denke aber trotz der sehr angespannten Situation, dem 2:4 in Leverkusen, dem Abstiegsplatz 17 und drei Punkten Rückstand auf den VfL Bochum und den FC Bayern, daß „wir jetzt Ruhe bewahren müssen“. Es gibt nämlich in der Bundesliga einen großen Vorteil. Das, sagt Niebaum, sei die Dreipunkteregel. Warum das? „Wir haben am Mittwoch das Spiel gegen Düsseldorf, und da können wir drei Punkte gewinnen.“ Dazu muß man wissen, daß der krisengeschüttelte Meister in der vergangenen Saison ungeschlagen, aber mit zwei Remis gestartet war. Das ergab zunächst auch nur zwei Punkte...

Hallo! Hallo? Liest noch jemand mit?

Bundesliga ist's! Freitag, Samstag, Sonntag. Unglaublich aufregende Sachen passieren. Zum Beispiel? Na, Christian Ziege war in „das aktuelle sport- studio“ (2,61 Millionen SeherInnen). Es ging um die Sache, die die Liga erschüttert. Zwei deutsche Klubs in der Champions League? „Ich glaube, daß die Champions League dann noch interessanter wird“, sagt Ziege (Bayern München). Und dann ist da dieses Gesicht von Christoph Daum. Was sagt es nicht alles aus? Na, für Spannung ist...

Hallo? Hallo?

Keiner mehr da? So geht das jetzt aber auch nicht. Bei einer gestrigen taz-Blitzumfrage wurden bereits einige Fälle bekannt, wo Menschen Vidorekorder programmierten, um zwei Stunden „ran“ zu vermeiden (4,16 Millionen SeherInnen). Diese Species schaut sich die Spiele im Schnelldurchlauf an und spult bei investigativem Ranalismus einfach weiter (5,62 Mio). Andere wurden gar ertappt, am Samstag in die 17.30- Uhr-Vorstellung von „Mighty Aphrodite“ gegangen zu sein (17 Mio). In einem einzelnen, allerdings besonders schweren Fall wurde von einer notorischen Fußball-Konsumentin der Satz gegähnt (Sa, 22.31 Uhr): „Ich bin schon so fußballmüde!“ Die „sport-studio“- Quote ging daraufhin zurück auf 2,609999 Mio.

Das ist, um es mit Willi Lemke zu sagen, „ein Schlag gegen den Sport“. Vielleicht ist es auch nur so, daß die Bundesliga mit ihrem Getöse der Normalfall ist. Vorgestern war ein außergewöhnlicher Zustand. Heute ist alles wieder so, wie alles immer ist. Also gähnen Menschen. pu