Runde Tische sollen Heimkehr fördern

■ Außenminister Kinkel spricht von einer „humanen Rückführung“ der bosnischen Flüchtlinge. Er meint damit, daß sie „so schnell wie möglich“ nach Hause sollen

Berlin (taz) – In die Diskussion um die „Rückführung“ der bosnischen Kriegsflüchtlinge hat jetzt Bundesaußenminister Klaus Kinkel eingegriffen. Angesichts der Uneinigkeit der Länderinnenminister über den frühest möglichen Zeitpunkt einer sicheren „Rückführung“ der Flüchtlinge forderte Kinkel am Wochenende die Einrichtung eines Runden Tisches. An einem solchen Tisch sollten Bund, Länder, Gemeinden, Kirchen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsorganisationen ein einheitliches Verfahren für die Heimkehrer ausarbeiten. Die menschliche Behandlung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sei eine „ganz große Herausforderung für unser Land“ sagte Außenamtschef Kinkel der Welt am Sonntag.

Im einzelnen schlug der Minister die Einrichtung von Informations- und Koordinationsbüros in den Bundesländern vor, um die Herkunftsorte und die ethnische Zugehörigkeit der Flüchtlinge zu erfassen.

Aufgrund dieser Daten könne ein gezieltes regionales Wiederaufbauprogramm in Gang gesetzt werden, für das „nicht unerhebliche Gelder von der EU“ zu erwarten seien. Dazu sollen laut Kinkel Baustofflager geschaffen werden, damit die Rückkehrer in Nachbarschaftshilfe ihre Häuser selbst wieder aufbauen könnten.

Festhalten will der Bundesaußenminister an den bereits laufenden „Schnupperreisen“, die es den Flüchtlingen ermöglichen, eine Rückkehr in ihre alte Heimat vorab auszuloten. Von den Regierungen im ehemaligen Jugoslawien fordert Kinkel eine Art Garantieerklärung, daß den Rückkehrern keine Gefahr für Leib und Leben droht.

„Wir waren bei der Aufnahme human, wir müssen es auch bei der Rückführung sein“, sagte Kinkel. Dennoch müßten Flüchtlinge „prinzipiell so schnell wie möglich zurückkehren“. Deutschland habe 320.000 Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien aufgenommen. Hinzu komme eine erhebliche Dunkelziffer. Die finanzielle Belastung von Bund, Ländern und Gemeinden gefährde inzwischen „den inneren Frieden und die Toleranz in unserer Gesellschaft“.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) kehren bislang rund 800 Kriegsflüchtlinge pro Monat in ihre Heimat zurück. Für die Zukunft verlangte Kinkel eine „gerechtere Lastenverteilung in der europäischen Union“ und eine „Harmonisierung der Asyl- und Einwanderungspolitik“.

Bislang haben sich die Innenminister der Länder lediglich darauf verständigt, nicht vor dem 1. Oktober mit Zwangsabschiebungen zu beginnen. Ursprünglich war der Beginn der „Rückführung“ auf den 1. Juli festgesetzt worden, angesichts der unsicheren Lage in Bosnien aber verschoben worden. Während Bayerns Innenminster Günther Beckstein fordert, mit der Abschiebung am 1. Oktober zu beginnen, halten andere Länder wie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eine Rückführung der Flüchtlinge vor März kommenden Jahres für unverantwortlich.

Der bisherige Stufenplan sieht vor, daß in einer ersten Phase Ledige und kinderlose Ehepaare abgeschoben werden. Familien mit Kindern sollen in einer zweiten Phase folgen. Für Härtefälle wie Opfer von Vergewaltigungen und Mißhandlungen gelten Ausnahmeregelungen. Georg Baltissen