Traktorparken

Fristingen (taz) – Wer in Nordschwaben von Dillingen in Richtung Wertingen fährt, kommt durch den 700-Einwohner-Ort Fristingen. Auf der gepflasterten Hauptstraße stehen rund fünfzehn Traktoren. Bäuerliche Beschaulichkeit, möchte man meinen. Doch tatsächlich handelt es sich hier um eine ungewöhnliche Protestform.

Tagtäglich ist nämlich in der beschaulichen Ortschaft die Hölle los, geht Angst um bei den Anwohnern der Zollstraße, wie die Ortsdurchfahrt heißt. „Wenn die LKW durchfahren, meinst du echt, jetzt kommt ein Erdbeben“, sagt einer der Bauern, die frühmorgens um fünf jeden Tag ihren Schlepper vom Bauernhof auf die Hauptstraße rausfahren. Seine Frau nickt zustimmend. „Die zwei Kleinen trauen sich nicht alleine über die Straße.“ Ihre Angst ist berechtigt. Serienweise passieren seit Jahren Unfälle in Fristingen. Tausende von Zaunlatten wurden niedergefahren, Hoftore platt gewalzt ebenso Eingangstüren. „Beim Nachbarn vorne stand schon mehrmals ein LKW im Hausgang vor der Treppe“, berichtet Ortssprecher Konrad Ahle. „Wir haben Unfälle am laufenden Band, fünfzig Prozent davon mit Fahrerflucht.“

Jetzt trafen sich die Fristinger zur Anwohnerversammlung im Schützenheim und beschlossen, „daß wir den Verkehr jetzt selber verlangsamen, nachdem die Behörden nicht auf unsere Anliegen reagieren.“ Der unerträgliche Durchgangsverkehr über denkmalgeschütztes Pflaster, 6.800 Fahrzeuge am Tag, davon knapp 20 Prozent LKW, haben das Faß zum Überlaufen gebracht. Also werden die Traktoren von fünf Uhr morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit am Straßenrand geparkt – und zwar so geschickt versetzt, daß ihnen einerseits die Polizei nichts anhaben kann, der Durchgangsverkehr andererseits aber nur noch durchs Dorf schleichen kann. „Es ist wirklich wesentlich ruhiger geworden“, schmunzelt die Frau des Ortssprechers.

Für die Fristinger Flora kamen diese Maßnahmen indes zu spät. Schweren Herzens haben die Dorfbewohner entlang der Zollstraße ihren sonst so üppigen Blumenschmuck entfernt. „Weil uns der sowieso alle paar Tage weggefahren wird“, meint Bauer Jo.