Saubere Kühe sind glücklichere Kühe

■ Nordfriesische Kuhwaschanlage erobert den Landwirtschaftsmarkt

Berlin (taz) – Else fühlt sich kuhwohl. Die Milchkuh läßt sich von einer automatischen Trockenwaschanlage genüßlich den Stalldreck aus dem Fell schrubben. Daneben steht – ebenso glücklich – der Erfinder des tierischen Erfolgsprodukts: Hans-Jürgen Carstensen, Landwirtschaftstechniker aus dem nordfriesischen Olderup- Feld bei Husum.

Über 20 Kuhwaschanlagen hat Carstensen schon verkauft und damit für glückliche Kühe in Deutschland, Italien, Österreich und sogar in Osteuropa und Neuseeland gesorgt. Das Familienunternehmen ist in erster Linie in den Bereichen Stalleinrichtung und Melktechnik tätig. Die Kuhwaschanlage sei aber bereits ein schönes Zubrot, so Carstensen. Ab 3.000 Mark ist die höhenverstellbare Grundausstattung mit je einer horizontalen und einer vertikalen Bürste zu haben. Diese drehen sich automatisch – wie in einer kleinen Autowaschanlage. Die einzelnen Komponenten baut Carstensen selbst zusammen.

Zum Serienmodell gibt es energiesparende Extras. Mit einer Zeitschaltuhr kann der Betrieb auf die Ruhezeiten im Stall eingestellt werden. Oder noch besser: Die Kuh übt sich in der hohen Kunst der Selbstbedienung. Infrarotsensoren schalten die Bürsten ein, wenn es eine Kuh juckt und sie sich den erlösenden Schrubbern nähert. Die Trockenversion ist darüber hinaus auch mit Wasser und mit Desinfektionsmitteln kombinierbar. Wegen des kühlen Klimas und der daraus resultierenden Erkältungsgefahr für die Kühe werde dieses Modell in Deutschland allerdings kaum nachgefragt, so Carstensen. Für südliche Länder sei diese Variante dagegen sehr praktisch. Seit kurzer Zeit hat der kreative Landwirtschaftstechniker auch Bürstenanlagen für die Freilandhaltung im Angebot. Mit einem 12-Volt-Akku ersetzen sie dort die herkömmlichen Scheuerpfähle.

Automatisches Küheschrubben boomt. Früher hatten die Landwirte weniger Tiere im Stall und konnten diese regelmäßig von Hand striegeln. Mittlerweile hat sich die Zahl der Tiere pro Landwirt im Bundesschnitt auf über 25 Kühe stark erhöht. Eine manuelle Pflege der einzelnen Tiere in den großen Laufställen ist aus Kosten- und Zeitgründen nicht mehr möglich. Bisher wurden überwiegend fest installierte Bürsten verwendet. Das führte aber häufig zu Stürzen, da die Kühe sich daran zu heftig rieben und dadurch auf dem glatten Stallboden ausrutschten.

Carstensens Kuhwaschanlage hat sich in letzter Zeit vor allem deshalb zum Erfolgsprodukt entwickelt, weil immer mehr Landwirte auf tiergerechte Haltungsweisen zurückgreifen. Und dazu gehört eben auch die Fellpflege der Kühe. Ganz uneigennützig handeln die Landwirte mit einer solchen Anschaffung allerdings nicht: Saubere Kühe sollen sich wirtschaftlich lohnen. „Wir fühlen uns doch auch wohler, wenn wir sauber sind!“ weiß Carstensen. Und das Wohlbefinden einer Kuh steigere die Stallruhe. Je mehr eine Kuh wiederum liege, desto geringer sei ihr eigener Energieverbrauch – um so höher also die Milchleistung.

Darüber hinaus werden waschanlagengepflegte Kühe nachweislich weniger von Parasiten befallen. Das erspart dem Tier einen Teil der chemischen Reinigung und dem Landwirt Scherereien und unnötige Kosten. Ein tierärztlicher „Haus“-Besuch kostet heute schon über 100 Mark pro Stunde. Michael Obert