Zimmer frei bei Rühes starker Truppe

■ Imagekampagne der Bundeswehr: Studenten dürfen bald in Kasernen wohnen. Damenbesuche sind verboten

Bonn (dpa/AP/taz) – Verteidigungsminister Volker Rühe macht Schluß mit dem Lotterleben in der WG: Auf eine entsprechende Anordnung der Hardthöhe hin bekommen StudentInnen und Auszubildende die Chance, Ordnung in ihr Leben zu bringen – indem sie in die Kaserne ziehen. Vom nächsten Wintersemester an sollen ehemalige SoldatInnen Wohnraum in Kasernen erhalten können. Im Gegensatz zu ihrer Dienstzeit bei der Bundeswehr müssen sie sich die Stube nicht mit anderen teilen, sondern erhalten Einzelzimmer zugeteilt. An insgesamt 15 Standorten zwischen Kiel und München werden in einer ersten Projektphase 150 Betten für eine Monatsmiete von 160 Mark bereitgestellt. Sollte sich das Zusammenleben von Militär und Studenten bewähren, könnten langfristig in Ballungsgebieten ganze Wohnblocks in Kasernen genutzt werden.

Die Unterkunft in der Kaserne soll für die ehemaligen Wehrdienstleistenden – nur Gediente dürfen das Angebot annehmen – allerdings keine Dauerwohnung werden. Daher ist das Angebot auf sechs bis zwölf Monate begrenzt. Bei freien Kapazitäten können die Kasernenzimmer von ehemaligen Soldaten auf Zeit mit einer Verpflichtungsdauer von zwei Jahren auch länger gemietet werden. Interessenten dürfen ab sofort Anträge auf Einberufung stellen, teilte Rühes Ministerium mit.

Die strenge Kasernenordnung gilt auch für die Ehemaligen. „Das bedeutet aber nicht, daß sie zum Morgenappell antreten müssen, aber das Fegen der Stube gehört schon dazu“, teilte ein Sprecher der Hardthöhe mit. Auch sonst wird sich der Alltag in der Kaserne vom herkömmlichen Studentenleben kraß unterscheiden: So dürfen Freundinnen und Freunde nicht mit aufs Zimmer genommen werden. „Wir wollen natürlich keinen Budenzauber“, heißt es dazu aus dem Verteidigungsministerium. Trotz aller militärischen Strenge ist keine nochmalige Musterung der Bewerber geplant: „Die normale Wehrdienstbescheinigung ist ausreichend.“ Die studierenden FreizeitsoldatInnen erwarten „funktional ausgestattete Einbettzimmer, die darüber hinaus auch privat ausgestattet werden können“. Die Unterkünfte seien zwar sehr klein und „militärisch gehalten“, dafür aber „unglaublich preiswert“.

Seinen Schnitt will auch das Verteidigungsministerium machen und redet sich deshalb die kargen Stuben im Rahmen seiner Imagekampagne gemütlich: Das Wohnangebot sei als „Dankeschön“ für den geleisteten Dienst gedacht und Teil eines Programms, mit dem der Wehrdienst attraktiver gemacht werden soll, teilte die Hardthöhe mit.

Bei Vertretern der StudentInnen wurde Rühes Angebot begrüßt. „Für Studenten, die erst in letzter Minute einen Platz in der Großstadt bekommen, ist dies sicher eine gute Möglichkeit“, erklärte der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Horst Bachmann. Allerdings habe sich der Wohnungsmarkt für Studenten ohnehin entspannt. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl öffentlich geförderter Studentenwohnungen in den alten Bundesländern um mehr als 20 Prozent. O.G.

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