Von Straßen, Pflanzen und Wortgeflechten

■ Die zweite Woche des Sommertheater Festivals: Katalonien und junge Choreographen

Ausgerechnet ein einsames Sprechtheater bildete, zwischen den bislang überwiegend weniger überzeugenden Tanzproduktionen, den Höhepunkt während der ersten Tage des Sommertheaterfestivals. Unter den Choreographien waren auch Früchte der seit „Movimientos 1992“ bestehenden Spanien-Portugal-Lateinamerika-Connec-tion. Die weitere Zusammenarbeit mit Gruppen dieser Länder wird neben der Förderung junger Choreographen in der Tanzwerkstatt in Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Festivals sein. Um die Arbeit dieser Künstler kontinuierlich begleiten zu können und die Gier der Theaterszene nach dem ewig Neuen etwas zu zähmen, will das Sommertheater mehr als „produzierendes Festival“ arbeiten. Dieses Jahr wurden bereits fünf Projekte koproduziert.

Zwei davon sind Teil des morgen beginnenden zweiten geographischen Schwerpunkts: Tanz aus Katalonien. Die Geschichte einer Straße und ihrer Bewohner erzählt die Compañia Mal Pelo in ihrer Produktion „La Calle del Imaginero“. Maria Muñoz, die Choreographin der Compañia, ist ab Montag auch in dem Duett „Saó“ mit Angels Margarit zu sehen. Beide konnten mit ihren Gruppen internationale Erfolge verbuchen, auf sehr unterschiedliche Weise: Die eine kantig avantgardistisch, die andere rund und harmonisch. Choreographin Angels Margarit und ihrer Compagnie Mudances folgte das Hamburger Publikum 1990 für die Produktion „Atlantic 306“ in ein Hotelzimmer. Die Uraufführung von Mudances „Arbre de Té“ nächste Woche ist eine tänzerische Zeitreise, inspiriert von Rilke und Magritte.

Für wirkliche Überraschungen könnten die weiteren Vorstellungen der Tanzwerkstatt gut sein. Den Anfang macht am Wochenende die brasilianische Companhia Quasar. Mit einer Bewegungssprache, die auch Akrobatik und Pantomime nutzt, suchen sie nach einem Ausdruck für das Lebensgefühl der Jugend Brasiliens. Am Samstag versprechen die bizarre geographische Kombination von österreichischen und burkina fasoischen Choreographien und ein Solo aus Schweden einen kontrastreichen Abend. Die Afrikaner Sanon & Boro erzählen von den gesellschaftlichen Konflikten ihres Landes in „Le Siècle des Fous“. Ihre skandinavische Kollegin Cristina Caprioli wurde zu ihrer Produktion von Galileos Schriften inspiriert. Das zweite Dreierpack bilden am Mittwoch der Brite Russell Maliphant, das koreanische Seoul Contemporary Dance Theatre und The Glorious Future aus Japan. Beide asiatische Choreographien beschäftigen sich mit dem Tod: Die japanische Produktion seziert den „Body on the Borderline – Dead and Alive“, die Koreaner tanzen eine Hommage an den Mond als Symbol für Vergänglichkeit und Wiedergeburt.

El Periférico de Objetos aus Argentinien beenden das Festival mit Heiner Müllers „Hamletmaschine“. Mit Puppen, Objekten, Figuren und Manipulatoren gelingt es ihnen, aus dem Wortgeflecht politisches Bildertheater zu entwerfen.

Matthias von Hartz