Schwule Bürgerschaft

■ Schwuso-Umfrage: Homo goes GAL / 1. Schwuler SPD-Bürgerschaftskandidat

Wenn nur Lesben und Schwule Stimmrecht hätten, sähe die Hamburger Bürgerschaft ganz schön grün aus. Das jedenfalls ergab eine Umfrage der Schwusos (schwule und lesbische SozialdemokratInnen), die über 500 Fragebögen auswerteten. 45,7 Prozent der gleichgeschlechtlich liebenden HamburgerInnen würden ihr Kreuzchen bei der GAL machen. Die SPD käme auf 39,7 Prozent. Im geschlechtsspezifischen Unterschied tendierten Lesben sogar zu 68,6 Prozent zu grün, Schwule hingegen mit überdurchschnittlichen 43,3 Prozent zur SPD.

Die Botschaft dieser Umfrage an den bisher einzig bekennenden Schwulen im oberen Bereich der SPD-Hierarchie, Peter Maßmann, dürfte damit klar sein: Das zur Parteirechten zählende Mitglied des SPD-Landesvorstands vertritt eine Klientel, die für Rot-Grün steht wie kaum eine andere.

Die Landesarbeitsgemeinschaft lesbischer und schwuler SozialdemokratInnen nominierte außerdem den 36jährigen Lutz Kretschmann – Mitinitiator der Aids-Hilfsorganisation „Big Spender“ – als Kandidaten für die Bürgerschaftswahl 1997. Damit könnte einem Hauptkritikpunkt der Befragten, die Schwusos seien „zu wenig sichtbar“, Rechnung getragen werden. Bisher halten nur 3 Prozent die Schwusos für „einflußreich“ und lediglich 2 Prozent für „professionell.

Die Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften rangiert nach der Umfrage auf der Prioritäten-Skala ganz oben, gefolgt von einem Antidiskriminierungsgesetz und dem Thema Aids. Über die Hälfte gab an, sich diskriminiert zu fühlen.

Für Hamburgs 10.000 Lesben und Schwule, bemängeln die Betragten, würde die Stadt zu wenig öffentliche Gelder bereitstellen. Dieser Eindruck wundert die Schwusos, die von 18 Prozent als „parteizahm“ bezeichnet werden. Es würden doch in der rot-grau regierten Hansestadt „über 650.000 DM zur Förderung schwul-lesbischer Projekte“ und „gar 2,1 Millionen DM“ für Aids ausgegeben. Zum Vergleich: 4 Millionen Mark läßt sich Hamburg in diesem Jahr das Polizeiorchester kosten.

Silke Mertins