Straßensperren für den Zeugen

■ Mit einem Sicherheitsaufwand wie bislang nur beim Besuch des US-Präsidenten Clinton wird der iranische Expräsident Bani Sadr beschützt. Angst vor Attentat überschattet Aussage im Mykonos-Prozeß

Wenn Abol Hassan Bani Sadr heute als Zeuge im „Mykonos“- Prozeß aussagt, dann gleicht das Moabiter Kriminalgericht einer Festung. Unzählige Mannschaftswagen der Polizei werden das Justizgebäude in der Turmstraße absichern und Uniformierte auf den umliegenden Straßen patrouillieren. „Sicherheitsstufe 1“, zuletzt bei der Nato-Tagung im Frühjahr und beim Besuch des amerikanischen Präsidenten in Kraft gesetzt, ist vom Staatsschutz angeordnet worden, um den ehemaligen iranischen Präsidenten zu schützen. Der in Frankreich lebende Bani Sadr hatte Anfang der Woche erklärt, daß zwei iranische Killerkommandos nach Deutschland unterwegs seien, um ihn zu ermorden.

Welche genauen Maßnahmen die schärfste aller Sicherheitsstufen umfaßt, teilte der Staatsschutz jedoch nicht mit. Verschwiegen wird der Öffentlichkeit sogar, auf welchem Flugafen der 63jährige Exilpolitiker landet. So kann es sein, daß er auf dem für Politiker vorgesehenen separaten Nordteil des Flughafen Tegels mit einer Sondermaschine anreist. Die Pressesprecherin der Flughafen-Holding orakelte, daß Bani Sadr vielleicht verkleidet eine ganz normale Linienmaschine benutzen könnte. Geheim bleibt auch, mit welchem Transportmittel Bani Sadr nach Moabit gebracht wurde und durch welchen Eingang er den Gerichtssaal 700 im Kammergericht betrat. In Justizkreisen hält man es für möglich, daß Bani Sadr zuerst in die neben dem Kriminalgericht liegende Untersuchungshaftanstalt Moabit gebracht und dann durch einen der zahlreichen unterirdischen Gänge, die U-Haft und Gericht verbinden, direkt zum Gerichtssaal geschleust wurde.

Seit Beginn des „Mykonos“- Prozesses 1993 ist der Eingangsbereich zum Gerichtssaal mit einem Stahlgitter geschützt, damit keine Handgranaten vom Treppenhaus aus in den Saal geschleudert werden können. Bereits seit Jahren ist dort eine panzerglasgesicherte Personenschleuse vorhanden. ZuschauerInnen und JournalistInnen müssen sich sowohl im Erdgeschoß des Gerichts als auch vor dem Saal einer ausführlichen Körperkontrolle unterziehen. Dabei kontrollieren die SicherheitsbeamtInnen auch die Schuhe auf Sprengstoffverstecke.

Besondere Priorität im Sicherheitscheck hat das Hotel, in dem Bani Sadr übernachtet. Von Hotels wird nicht einmal bestätigt, daß sich der Zeuge dort aufhält. Hinweise, Bani Sadr werde im „Excelsior“ absteigen, das im 7. Stock eine vom normalen Hotelbetrieb abgeschirmte Präsidenten- Suite mit kugelsicherem Fensterglas hat, werden vom Hotelmanagement dementiert. Auch im „Intercontinental“, das sogar über eine hoteleigene Security verfügt und als „sehr sicher“ gilt, habe der Exilpolitiker nicht gebucht, versicherte Sprecherin Asi Schönstein. Im „Intercontinental“ waren vor zwei Jahren auch das Ehepaar Clinton untergebracht. Julia Naumann