: Der Homepage-Klau geht um
Nils hat sehr viel Arbeit in seine Homepage gesteckt. Richtig gut ist sie geworden, mit Frames, Bildern – und ein paar schönen Seiten zu Oliver Kalkofe, dessen rotzfreche Sendung ein triftiger Grund ist, die Glotze nun vorerst doch nicht abzuschaffen. Von den vielen privaten CompuServe- Homepages, für die der Online- Dienst seinen Kunden kostenlos Speicherplatz zur Verfügung stellt, ist dies zweifellos eine der besten.
Das muß auch jemand anders gedacht haben, denn als Nils wieder mal durch das Internet surfte, stieß er aus purem Zufall auf seine eigene Homepage. Nur war die auf einem anderen Server, und sie war leicht verändert. Aber ohne jeden Zweifel war es seine Homepage, auch wenn ein paar Bilder ausgetauscht, ein paar Texte geändert waren und ein anderes Copyright drunterstand. Die gleichen Frames, die gleichen Indexpunkte – selbst die Seiten mit den Hobbys und der persönlichen Hotlink-Liste waren identisch.
Einerseits geschmeichelt, andererseits empört, hat Nils den Homepage-Klau in einem CompuServe-Forum öffentlich gemacht („Ist das jetzt Computer- Kriminalität?“) – und hat damit eine Lawine ausgelöst.
Manche User reagierten mit Verständnis („Jeder bedient sich an anderen Seiten“), aber auch
mit Wut („Man holt sich von anderen höchstens Anregungen!“). Der Seitendieb, ein Informatikstudent, war ganz schockiert und entschuldigte sich damit, daß von seiner Uni aus die CompuServe- Seiten nur mit geringen Übertragungsraten erreichbar seien, ihm aber Nils' Seiten so gut gefallen hätten, daß er sie deshalb für sich und andere direkt auf dem Uni-Server abgelegt habe. Damit wäre Nils schon einverstanden gewesen, nur hat der Student die Seiten als seine eigenen ausgegeben. Das ist juristisch heikel. Zwar können die Giganten des Internet die Verwendung ihrer Markennamen verbieten, aber bei einfachsten Urheberrechten scheiden sich die Geister. Eine kürzlich in Stockholm dazu abgehaltene EU- Konferenz hat das wieder einmal bestätigt: Dreizehn Experten aus dreizehn Ländern hatten dreizehn Meinungen. Dabei könnte man für solche Fälle doch Regeln zugrunde legen, die für bedrucktes Papier gelten. Dann hätte Nils zwar die Beweislast, aber eine reelle Gewinnchance.
Inzwischen konnte der Fall friedlich geklärt werden: Der Student hat die Seiten geändert und einen Link auf den Urheber eingebaut. Und da nur Nutella drin ist, wo Nutella draufsteht, will ich nur die Adresse des Originals nennen: http://ourworld.compu serve.com/homepages/nils_bote
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