Das Portrait
: Tragische Figur

■ Abol Hassan Bani Sadr

Gleich zwei Mordkommandos habe die iranische Führung auf ihn angesetzt, erklärt Abol Hassan Bani Sadr. Dennoch werde er heute im Berliner Mykonos- Prozeß aussagen. Sicherheitsbeamte hörten erstaunt auf. Ihnen lägen keine Hinweise auf Attentatspläne vor, an Bani Sadrs Angaben bestünden „große Zweifel“.

Der einstige iranische Präsident sieht sich gerne als Vorzeigeoppositionellen, macht jedoch eher den Eindruck einer tragischen Figur. Der mittlerweile 63jährige hat 29 Jahre Exil auf dem Buckel. Die letzten verbrachte er in einem Haus bei Paris, für das er nicht einmal die Heizkosten bezahlen konnte – seinem „Eispalast“, wie er sagt.

Aufgewachsen ist der Sohn eines Ajatollahs im ziemlich warmen Westen Irans. Zum Studium (erst Theologie, dann Wirtschaftswissenschaften) ging er nach Teheran und schloß sich der den Schah bekämpfenden Nationalen Bewegung Mohammad Mossadeghs an. Als dieser 1950 an die Regierung kam, warb Bani Sadr für eine „echte Volksfront“. Doch die Freude währte kurz: Mit Hilfe der CIA gelangte der Schah wieder an die Macht.

1963 floh Bani Sadr nach Paris. 1978 erschien dort der aus dem Irak ausgewiesene Ajatollah Chomeini und fand Aufnahme in Bani Sadrs Wohnung. Als 1979 der Schah gestürzt wurde, saßen Bani Sadr und Chomeini gemeinsam im Flugzeug nach Teheran.

Bani Sadr wurde Mitglied im Revolutionsrat, dann Wirtschafts- und Finanzminister, später Außenminister. 1980 wählten ihn die Iraner mit 75 Prozent der Stimmen zum Präsidenten.

Doch Bani Sadr, der vielen Klerikern als zu gemäßigt galt, fiel zusehends in Ungnade. Stück für Stück wurde er entmachtet. Er verlor die Lizenz für seine Zeitung, dann das Oberkommando über das Militär, schließlich erklärte ihn das Parlament für „amtsunfähig“. Es folgte eine Verhaftungswelle gegen seine Anhänger. Mit Hilfe eines gekaperten Flugzeugs setzte er sich nach Frankreich ab. Seither hält sich das Gerücht, er sei in Frauenkleidern geflohen. Bani Sadr dementiert (“Ich habe meine Heimat wie ein Soldat verlassen – in Uniform“). Doch bei seiner Ankunft im Exil fiel auf, daß er sich den Schnauzer sehr sauber abrasiert hatte. Thomas Dreger