Neues Museum sucht neuen Architekten

■ Stiftung Preußischer Kulturbesitz kippt den Siegerentwurf des Architekten Grassi, weil dieser den „praktischen Ansprüchen“ der Museumsmacher nicht entspreche. Gehrys wilde Planung wird favorisiert

Für den Wiederaufbau und die Erweiterung des „Neuen Museums“ auf der Museumsinsel sucht die Stiftung Preußischer Kulturbesitz einen neuen Architekten samt neuem Konzept. Weil die Pläne des Mailänders Giorgio Grassi, der 1994 aus einem Bauwettbewerb als Sieger hervorgegangen war, den Nutzungsanforderungen der Museumsleitung nicht genügten, beschloß jetzt der Stiftungsrat, den Grassi-Entwurf zu kippen. Bis zum Dezember soll das zukünftige „Anforderungsprofil“ des Museums „neu definiert“ werden. Zugleich will der Stiftungsrat „Gespräche“ mit den nachrangig plazierten Wettbewerbsteilnehmern führen und an einen Architekten aus diesem Kreis den Auftrag vergeben.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung sei gewesen, „daß es Grassi trotz mehrfacher Überarbeitung nicht gelungen ist, den praktischen Ansprüchen der Museumsmacher gerecht zu werden“, sagte Stiftungssprecher Wolfgang Kahlcke. Insbesondere der publikumswirksame „Kurzdurchlauf“ – vorbei am Pergamonaltar, dem Tor von Milet und der Büste der Königin Nofretete – sei vom Architekten nur mangelhaft ausgearbeitet worden. „Wir haben mit Grassi geredet“, sagte Kahlcke, „aber die Überarbeitungen haben nichts gebracht.“ Jetzt müsse eine neue Runde Klarheit über den Wiederaufbau des Neuen Museums bringen.

Grassi hatte in seinem Entwurf das kriegszerstörte Neue Museum rekonstruiert, einen langen Flügel aus Backstein parallel zum Kupfergrabens entworfen sowie eine Verbindung zum Alten Museum im Lustgarten hergestellt.

Auch für Wolf-Dieter Dube, Generaldirektor der Staatlichen Museen, war es nötig, sich von Grassi zu trennen, da es mit dem Wettbewerbssieger „nicht weiterging“. Vier weitere Wettbewerbsteilnehmer – darunter Frank Gehry (USA), David Chipperfield (London) und Axel Schultes (Berlin) – würden nun aufgefordert, ihre Pläne zu überarbeiten. Aus Kostengründen sollten sich diese hauptsächlich auf die Rekonstruktion des Neuen Museums konzentrieren. Dennoch dürfe die Gesamtplanung für die Museumsinsel nicht aus dem Auge verloren werden, so Dube. Der Generaldirektor hatte in der Vergangenheit denn Grassi-Entwurf schon mehrfach kritisiert und statt dessen seinen Favoriten Frank Gehry auf den Schild gehoben. Dube bemängelte bei Grassi nicht nur den fehlenden „Kurzdurchlauf“, sondern ebenso die historisierende Gestaltung, die zudem wenig repräsentativ daherkomme.

Nach Ansicht Dubes wäre Gehrys Planung dagegen der „große Wurf“ für die Stadt. Der amerikanische Dekonstruktivist hatte ebenso wie Grassi das Neue Museum in alter Form rekonstruiert. Entlang des Kupfergrabens plazierte Gehry dann eine Kette moderner Ausstellungspavillons. Zugleich schuf er einen neuen Westeingang für das Neue Museum. Schließlich überdachte Gehry den Hof zum Pergamonmuseum. Rolf Lautenschläger