: Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 38
Er fragte nach dieser 2-Zi.-Whg. von Poller: HH 1, Altbau, Vbad, Küche, Diele, Balk., tolle Lage, vielleicht die Lange Reihe, mit ca. 54,5 qm, Miete etwa DM 915,- inkl. BK/HZG., Kt. DM 2046,-.
„Ich habe mir gedacht, daß Sie wieder anrufen!“In ihrer Stimme lauerte ein Verbrechen; ihm ließ sie ein Lachen folgen. Schmock lachte nicht! Er hatte seine Nackenhaare antreten lassen. Seine Angst gab jetzt am Telefon die Befehle. Und Schmock eine weiche Stimme. Aus Kreide. „Schön, daß endlich in Hamburg für mich eine Wohnung frei geworden ist!“ lahmte die Zunge von Schmock. „Diese Wohnung kann ich Ihnen leider nicht vermitteln, aber wir haben für Sie eine schöne Zweizimmerwohnung, die Sie sich auch als Student leisten können: Sie ist zweihundert Mark billiger, hat außerdem einen kleinen Balkon. Am besten kommen Sie gleich in unserer Geschäftsstelle vorbei ...“
Schmock schluckte Kröten. „Wie war noch ihr Name?“ Schmock ging nicht über Los und zog keine viertausend Mark. Aber direkt ins Gefängnis wollte er bei diesem Wohnopoly auch nicht gehen. Schmock legte auf. Irgendwann würde sich Bill Brook dieser Sache annehmen.
Wir basteln uns einen wilden Westen!
Ein Dank geht an Glatter, der einen wunderschönen letzten Auftritt hat und der uns kurz seine Familie vorstellen wird. Ein Dank geht auch an Jerry Cotton und G.F. Unger, die an diesem Kapitel mitgearbeitet haben.
Glatter hatte keinen Poller mehr. Glatter hatte keinen Freund mehr. Also nahm Glatter seinen Abschied. Glatter nahm seine Zukunft in die Hand. Glatter nahm ein Matchbox-Auto, einen Lada Samara, aus einem Karton. „So, mein kleiner Lada! Du mußt jetzt auf eigenen Rädern durch das Leben fahren. So ist gut!“ Glatter parkte den Lada Samara auf dem Teppich. Er kraulte das bißchen Motorhaube und schob den kleinen Wagen an. „Was? Was hast du gesagt!“ Glatter empörte sich. Glatter setzte zum Schuhkarton, in dem die anderen Autos lagen, Glatter setzte einen Schulz Mercedes 190E auf den Tisch. „Schulz, warum hast du gelacht!? Auf deine 166 PS und 218 km/h brauchst du dir wirklich nichts einzubilden. Du bist auch nur ein Cabrio. Und zur Strafe wird niemand mehr mit dir durch die Küche fahren.“ Glatter stellte Schulz in die Ecke. Glatter ließ den kleinen Lada vor Freude mit den Türen klatschen. Glatter widmete dann seine ganze Aufmerksamkeit einem Suzuki Swift. Hubraum: 1298 ccm, Zylinder: 4, Leistung: 50kw/68 PS, Tempo: 160 km/h. Das war ein Wagen. Mit vier Rädern unten dran. Und eines auf dem Rücken. An der Haustür ein Klingeln. „Sind Sie es?“ fragte sich Glatter ohne Interesse. Glatter schob den Fensterladen hoch. Sein Kopf tauchte in der frischen Luft auf. Seine Brust klemmte sich gegen die Balustrade. Hinter seine Augen setzten sich Spion und Spion. Seine Kinder und Enkelkinder standen unten vor dem verschlossenen Eingang. „Sie sind's!“ knappte Glatter mit Worten.
(Fortsetzung folgt)
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