Scientology wird nicht beobachtet

■ Innenausschuß beriet außerdem die ED-Behandlung von Kriegsflüchtlingen und die Zukunft der Wagenburgen

„Der Verfassungsschutz beobachtet die Sekte Scientology nicht“, erklärte Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) gestern in der ersten Sitzung des Innenausschusses nach der Sommerpause. Die Innenministerkonferenz der Länder (IMK) sei sich nicht einig, ob die Erkenntnisse über Scientology für ein Verbot des Bundesinnenministeriums oder eine Observierung durch den Verfassungsschutz ausreichten. Eine Arbeitsgruppe prüfe dies gegenwärtig.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Bündnisgrünen Wolfgang Wieland lehnt eine Observierung der Sekte „aus Gründen der inneren Liberalität ab“. Scientology sei keine politische Gruppe, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik richte. In Fällen, in denen die Sekte mit Nötigung und Erpressung gegen ihre Mitglieder vorgehe, sollte das Strafrecht angewendet werden. Wieland plädierte dafür, Ausstiegswilligen Hilfen anzubieten.

Als „Scheinaktivität“ wertete Wieland den gemeinsamen Vorstoß von SPD und CDU für eine erkennungsdienstliche Behandlung von Kriegsflüchtlingen. Damit soll nach Auffassung von SPD- und CDU-Fraktion dem Mißbrauch von Sozialleistungen ein Ende bereitet werden. In der vergangenen Woche war eine Gruppe von Bosniern gefaßt worden, die mindestens 750.000 Mark Sozialhilfe erschlichen haben sollen.

CDU- und SPD-Fraktionen wollen den Senat am Donnerstag auffordern, sich mit einer Bundesratsinitiative für eine Änderung des Ausländergesetzes einzusetzen. Bislang ist eine ED-Behandlung von Kriegsflüchtlingen nur bei einem Anfangsverdacht möglich. Ein früherer Berliner Vorstoß vom Frühjahr 1994 war vom Bundesrat allerdings abgelehnt worden.

Der Bündnisgrüne Wolfgang Wieland wies darauf hin, daß ein Abgleich von Fingerabdrücken zwischen Sozialämtern und Bundeskriminalamt nicht praktikabel sei: „Das ist ein Wahnsinn an Aufwand, der gar nicht zu leisten ist.“ Er warf der SPD in dieser Frage einen „Richtungswechsel“ vor. Die Sozialdemokraten verabschiedeten sich von Positionen der inneren Liberalität, so Wieland.

Was die Zukunft der Wagenburgen betrifft, wurden im Innenausschuß unterschiedliche Positionen von CDU und SPD deutlich. Während sich der CDU-Landesausschuß für eine Auflösung aller Wagenburgen bis Ende 1997 ausgesprochen hat, plädierte der innenpolitische Sprecher der SPD Lorenz dafür, „von Fall zu Fall zu entscheiden“. Es gebe durchaus Wagenburgen, die von den Anwohnern akzeptiert würden. Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben wären, könne er sich auch – entgegen des Senatsbeschlusses – eine Wagenburg in einem innerstädtischen Bezirk vorstellen. Dorothee Winden