Schützengraben für Kriegsklotz

Groß Borstel: Öffentliche Anhörung zum „Nachdenkmal“ für Kriegerdenkmal Prinzipielle Zustimmung, aber Entscheidung ist vertagt  ■ Von Hajo Schiff

Meist findet der Klinkerkubus mit bekrönendem Eisen-Adler in in Groß Borstel wenig Beachtung. Näher betrachtet offenbart das Kriegermal seine heldische Gesinnung: „Niemand hat grössere Liebe denn die dass er sein Leben lässet für seine Freunde“, ist dort in Erz geschrieben und deutet den Krieg der Herrschenden zu einer Frage persönlicher Moral um.

Eine aktuelle Sicht auf das steingewordene Manifest des Militarismus möchte der Hamburger Künstler Gerd Stange geben. Eingeladen von der Bürgerinitiative „Groß Borstel gegen Rechts“ plant er, die „Geschichte aufzugraben“ und die „Gedanken freizulegen“ indem er dem Denkmal ein „Soldatengrab-Schützengraben“ hinzufügt und so eine neue Sicht auf die Symbole der Macht ermöglicht (siehe taz vom 17.2.96). Der Kulturausschuß befand den Plan für gut und überwies ihn an die Bezirksversammlung, die auf einer öffentlichen Anhörung bestand. Am Montagabend fand diese vor Ort und in anschließender Ausschußsitzung statt. Dabei betonte Landesarchäologe Ralf Busch, daß der Licentiatenberg, auf dem der Kriegsklotz steht, keineswegs ein beliebig zu gestaltender Hügel sei, sondern ein bronzezeitlicher Grabhügel, der seit 1930 unter Denkmalschutz steht. Dennoch habe er gegen das Projekt aus archäologischer Sicht keine Bedenken. Busch begrüßte das neue Konzept als „Denkmals-Trilogie“, die ein altes Kriegergrab und ein historisches Kriegerdenkmal zu einem komplexem Geschichtsdenkmal verdichten.

Gerd Stange erläuterte erneut, am wichtigsten sei ihm der „Blickwechsel“; am Denkmal von 1922 selbst würden keine Änderungen vorgenommen. Museumspädagoge Thomas Sello erklärte, wie er sich in dem friedlichen Stadtteil, der gleichwohl seine spezielle NS-Geschichte hat, den Umgang mit der neuen Stätte vorstellt. Für Sello beginnt Stanges pädagogisches Konzept schon in der Planungsphase zu wirken. „Ich lebe seit 1956 in Groß Borstel und hab das Ding bisher gar nicht zur Kenntnis genommen, außer im Winter für meine Kinder zum Rodeln“, mußte ein älterer Herr am Montag zugeben.

Die Bedenken der GegnerInnen sind eher allgemein-praktischer Art: Das Geld sei „besser woanders“ angelegt, der Ort sei „verdreckt“, dort oben „besaufen sich Leute“, hinter den Hecken an der Bushaltestelle könne sich sonst wer verstecken und die Frauen fühlten sich dort nicht mehr sicher.

In der Tradition deutscher Militaristen behauptete hingegen ein Sprecher der Republikaner, der künstlerische Kommentar zum Kriegerdenkmal trage Unfrieden in den mit knapp 10.000 EinwohnerInnen noch etwas dörflichen Stadtteil. Auch er signalisierte am Ende der Anhörung tatsächlich Dialogbereitschaft.

So behielt am Ende eine Teilnehmerin der Diskussion recht mit ihrer Einschätzung: „Wenn die höchst kontroverse Diskussion um Verkehrskonzepte es nicht geschafft hat, uns auseinander zu bringen, wird es das Denkmal auch nicht schaffen.“ Ergebnis: Wogen geglättet, Machbarkeit bestätigt, Finanzierung fraglich, Entscheidung vertagt.