Stellvertreter für die Mitarbeiter gesucht

■ Pfiffiges Beschäftigungsangebot für Handwerksbetriebe: Bei „Job-Rotation“ wird das Personal getauscht. Arbeitslose rein, Angestellte zur Fortbildung

Fliesenleger P. hat 17 ArbeiterInnen – aber nur eine Bürokraft. Die ist unabkömmlich, und so hapert es im Geschäft mit den neuesten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen: Kundenorientierung, Marketingstrategien, auch eine EDV-Fortbildung täte gut. Ab Herbst kann P. seinen Laden kaufmännisch auf Vordermann bringen: Das neue Stellvertreterprogramm „Job-Rotation“ qualifiziert die Bürokraft – und besorgt kundigen Ersatz fürs Büro.

Drei Dutzend Betriebe haben sich das neue Programm jetzt von der Servicegesellschaft SPI und der Handwerkskammer vorstellen lassen. Bei dem in Dänemark seit Jahren praktizierten Modell wird zunächst ein junger Arbeitsloser – der künftige Stellvertreter – in einem betriebswirtschaftlichen Kurs fit gemacht. Die StellvertreterIn geht dann sieben Monate in seinen Gastbetrieb. Dort arbeitet ihn die Bürokraft ein, die dann ihrerseits eine dreimonatige Weiterbildung absolviert. Die Vorteile, lobte die Koordinatorin Bettina Uhrig von „Job-Rotation“, lägen auf allen Seiten: Der Betrieb wird kaufmännisch auf den neuesten Stand gehievt, die StellvertreterInnen haben die Chance auf ein mehrmonatiges bezahltes Betriebspraktikum. Die Bürokraft schließlich tauscht ein Vierteljahr Kundenkartei und Lohnkladde mit der Schulbank der Handwerkskammer, die sie zur „BetriebswirtIn des Handwerks“ weiterbildet.

Die UnternehmerInnen zeigten sich interessiert. Denn an Kosten entsteht ihnen erst mal nichts. Der Betrieb entlohnt nur weiter seine bildungshungrige Bürokraft – die Fortbildungen und den Unterhalt für die StellvertreterInnen zahlen die EU, das Arbeitsamt und das Land Berlin. „Wir hoffen auf qualifizierte Leute, die wir vielleicht auch übernehmen“, meinte der Chef einer Firma, die Mikroverfilmungen vornimmt. Ansonsten beherrschten Kleinigkeiten den Abend im Bildungszentrum der Handwerkskammer: Wieviel Urlaub hat man? Was passiert, wenn StellvertreterIn krank wird? „Dann kann ich meinen Betrieb zusperren“, macht eine Chefin auf die Personalprobleme von Kleinbetrieben aufmerksam. „Falsch. Wir suchen Ihnen jemanden aus dem reichhaltigen Angebot bereits fortgebildeter Arbeitsloser“, gab die hilfsbereite Frau vom Arbeitsamt lächelnd zurück.

„Job-Rotation“ gehört zu einem EU-Programm, das in Kooperation mit den Bundesländern und dem Arbeitsamt die sogenannte „präventive Arbeitsmarktpolitik“ erweitern will. Das Programm ist insgesamt mit 3,5 Millionen Mark dotiert und startet im Herbst mit der Schulung von StellvertreterInnen. cif

Kontakt über SPI, Tel.: 690 89 20