Neuer Wohnort: Bei der Müllhalde

■ Israelischen Siedlern ist ein Beduinenstamm östlich von Jerusalem im Weg: Die Regierung läßt ihn vertreiben

Tel Aviv (taz) – Israelische Militärs haben am Montag angefangen, eine Beduinensiedlung im Westjordanland zu zerstören. Die in der Nähe der israelischen Siedlungen Maaleh Adumim und Kedar lebenden Beduinen vom Stamm der Dschahalin sollen so vertrieben werden. Israels oberstes Gericht hatte zuvor angeordnet, daß die 50 Beduinenfamilien ihren Wohnort bis zum Donnerstag räumen müssen.

Der Wohnraum der Beduinen war von der israelischen Regierung an die Siedlung Maaleh Adumim angeschlossen worden. Jetzt soll er bebaut werden. Vor Beginn der Zerstörung hatte die Armee den bisherigen Wohnort der Dschahalin vorsorglich zum für Zivilisten geschlossenen Schießplatz erklärt. Die seit 40 Jahren dort lebenden Beduinen wurden damit zu „illegalen Eindringlingen“. Beduinenfamilien klagten nach der Räumung, Israels Militärs hätten Schmuck und Geld mitgehen lassen. Von der Armeeführung hieß es daraufhin, die Beschwerden würden untersucht. Die Dschahalin waren kurz nach der israelischen Staatsgründung von ihren Böden und Wohngebieten im nördlichen Teil der Negevwüste vertrieben worden. Sie ließen sich auf damals jordanischem Gebiet östlich von Jerusalem nieder. Mit dem Krieg im Jahr 1967 kam ihr neuer Siedlungsort wieder unter israelische Herrschaft – und an die Peripherie eines rasch wachsenden jüdischen Siedlungsblocks in der Umgebung des von Israel annektierten „Großjerusalem“.

Die israelischen Behörden beabsichtigen jetzt, die Dschahalin in der Nähe der großen Müllhalde von Abu Dis anzusiedeln, eines arabischen Vororts von Jerusalem. Die Beduinen lehnen das entschieden ab. Dabei werden sie von der palästinensischen Selbstverwaltung unterstützt. Diese beruft sich darauf, daß der nun für die Beduinen vorgesehene Siedlungsort auf im Atonomieabkommen „Oslo-II“ als „Zone B“ klassifiziertem Gebiet liege – also unter palästinensischer Zivilverwaltung. Von israelischer Seite heißt es dagegen, es handele sich um ein Gebiet der „Zone C“, daß folglich von Israel kontrolliert werde. Die Palästinenser hätten einer entsprechenden Änderung der im Rahmen von Oslo-II ausgehandelten Karten zugestimmt. Zudem – so die israelischen Besatzungsbehörden – sei der neue Ort viel günstiger für die Beduinen. Schließlich erlaubten die Israelis dort jeder Familie für die Dauer von 49 Jahren einen halben Dunam Boden (etwa 500 Quadratmeter) zu pachten.

Die Rechtsberaterin der Beduinen, Linda Brayer, hat beim obersten Gericht in Jerusalem Berufung gegen die Umsiedlung eingelegt. Begründung: Motiv für die Zwangsumsiedlung sei die Absicht der Besatzungsbehörden, die israelische Zone C „ethnisch zu säubern“. Amos Wollin