Banker und Steuersünder Hand in Hand

Steuergewerkschaft zählt bei vier Banken 10.000 Fälle von Steuerbetrug allein in NRW. Der Schaden liegt bei zwei Milliarden Mark. Die Banken sollen am Betrug beteiligt sein  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die deutschen Großbanken haben sich in den letzten Jahren im großen Umfang an der Steuerhinterziehung ihrer betuchten Kundschaft über anonyme Geldanlagen in Luxemburg beteiligt. Allein in Nordrhein-Westfalen sind nach Informationen der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DStG) seit 1993 10.000 bis 11.000 Fälle ermittelt worden. Sehr „vorsichtige“ Berechnungen deuteten darauf hin, so der DStG-Landesvorsitzende Hans-Jürgen Kallmeyer, daß dabei ein Steuerschaden von rund 2 Milliarden Mark entstanden sei, nicht nur wegen entgangener Steuern auf Zinserträge. Inzwischen, so Kallmeyer, stehe fest, daß ein „nicht geringer Teil“ des anonym angelegten Kapitals „aus ,schwarzen‘ Geschäften mit unversteuerten Einnahmen“ stamme. Zu dem massenhaften Betrug hätten die Banker, die sich so gern als „honorige Saubermänner“ darstellten, „maßgeblich beigetragen“. Kallmeyer wörtlich: „Die Biedermänner in Weiß tun so, als seien sie die Honorigsten in der Bundesrepublik, dabei sind sie in einem Ausmaß an Steuerhinterziehungen beteiligt, wie wir das noch nicht erlebt haben.“

Die Namen der bisher ermittelten vier Banken wollte der Steuerfachmann zwar nicht nennen, aber zumindest die Beteiligung der Dresdner Bank und der Commerzbank gilt als sicher. Interessierten Kunden, die der dreißigprozentigen Zinsabschlagsteuer ausweichen wollten, boten die Banken ein Guthabenkonto bei ihren luxemburgischen Tochtergesellschaften an. In Luxemburg deshalb, weil dort Zinsen keiner Quellenbesteuerung unterliegen. Der Kunde bekam dann von der luxemburgischen Bankfiliale eine Referenznummer. Namenlos überwies er danach seine Anlage auf ein Zentralkonto, das das ausländische Tochterunternehmen bei der Muttergesellschaft in Deutschland unterhielt. Von dem Konto seiner Heimatfiliale ließ sich der Kunde das Geld zuvor in der Regel als Barauszahlung abbuchen, um es dann anonym wieder bar einzuzahlen. Abbuchungen von dem anonymisierten Konto wurden ebenfalls mittels Referenznummer per Scheck anonym abgewickelt.

Die tatsächlichen Ausmaße des Betruges zu Lasten der Staatskasse kann man nur abschätzen. Rainer Lessner, Steuerfahnder beim Finanzamt Bochum, glaubt, daß die NRW-Zahlen nur die „Spitze des Eisberges“ wiedergeben. Kallmeyer hält die Aussagen auch über NRW hinaus für repräsentativ: „Angesichts des großen Konkurrenzdrucks wäre es verwunderlich, wenn andere große Banken nicht auf solche Gedanken kämen.“

Verurteilungen von Bankern wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat es bisher in NRW noch nicht gegeben, weil noch nicht einmal die Verfahren gegen die Haupttäter abgeschlossen sind. Steuerfahnder Lessner erklärt das mit dem „pervertierten Datenschutz im Bankenbereich, der immer mehr ein Ganovenschutz ist“. Weil die Steuerhinterziehung nicht unter das Geldwäschegesetz falle, hätten die Fahnder keinen Zugriff auf Bankbelege, die Auftraggeber der illegalen Geschäfte schnell enthüllen könnten. Als Sofortmaßnahme fordert die DStG die Einstellung von 200 weiteren Steuerfahndern allein in NRW. Für den Staat sei das ein gutes Geschäft, denn jeder Fahnder treibe pro Jahr im Durchschnitt 1,3 Millionen Mark zusätzliche Steuern ein.