Der Frauenheld im Hotel

■ An der Hamburger Oper stellt der rumänische Regisseur Pet Halmen einen leicht umgedeuteten und ziemlich unmoralischen Don Giovanni vor

Don Giovanni jongliert neuerdings nicht nur mit Frauen. Regisseur Pet Halmen hat dem Lebemann, seiner „Lieblingsfigur“, in seiner Inszenierung auch noch andere Bälle zugespielt: In der Lobby eines Schloßhotels „lungert“ Don Giovanni „herum“, wartet auf Frischfleisch – und kickt Billardkugeln. In dieser neuen Deutung hat Mozarts Oper, unter der musikalischen Leitung von Bernhard Klee, am Sonntag Premiere.

„Ich wollte ein realistisches Ambiente schaffen“, sagt Pet Halmen über seine Interpretation. Der gebürtige Rumäne hat die in Europa am häufigsten aufgeführte und eingespielte Oper Mozarts nicht nur inszeniert. Er zeichnet auch für Bühnenbild, Kostüme und Lichtdesign verantwortlich. Von dem Vorwurf, ein „inszenierender Bühnenbildner“ zu sein, distanziert er sich dabei. Seine Ausdeutung von „Don Giovanni“ begründet er mit der Message der Musik, weniger mit Visuellem: „Ich habe nichts mehr auf der Bühne, was allein L'Art pour L'Art wäre, sondern jedes Möbel, jede Requisite, ist Ausdrucksmittel.“

Somit verweist er auf Bernhard Klee, den Dirigenten, der neben Konzert-Aufführungen vor allem in den Opernhäusern von München, Berlin und London gastiert. Vielversprechend klingt auch die Besetzungsliste: Mit dem Part des Don Giovanni huldigt der Bariton Bo Skovhus dem Fanal für seine steile internationale Karriere. Denn damit debütierte der damals noch unbekannte 26jährige Däne 1988 an der Wiener Volksoper. Luba Orgonasova, „Karajans letzte Entdeckung“ vor seinem Tod, singt die Donna Anna, Rainer Trost als einer der gefragtesten Mozart–Tenöre den Don Ottavio. Donna Elvira wird gespielt von der amerikanischen Sopranistin Nancy Gustafson, die unter anderem auch an der Crossover-Aufnahme Pavarotti and friends teilnahm.

Ein „bestrafter Wüstling“, wie der Originaltitel des Librettos von Lorenzo da Ponte lautet, liegt Halmen jedoch fern. Normalerweise sterbe der Held am Schluß des Stückes und sei somit ein Opfer der Moral des 18. Jahrhunderts. „Das ist wie bei den heutigen Kriminalfilmen: Mit dem Täter muß es böse enden.“

Diesem Trivialdenken macht der Regisseur einen Strich durch die Rechnung. Einen Bösewicht nicht ungeschoren davonkommen zu lassen, sieht er als Fassade. Der vordergründige Wortlaut des Librettos mußte ja auch der Zensur genügen. Auch in Mozarts Partitur, so Halmen, höre er „eine besondere Sympathie mit Don Giovanni“.

So bricht er in seiner Inszenierung den moralischen Zeigefinger des Schlußsextetts mit der Faust der Ironie: Er läßt den Frauenheld, auf dem gebohnerten Parkett einer großen Frauenlobby scheinbar ausgerutscht, wieder auferstehen.

Katrin Seibold

A-Premiere: So, 1. September, 18 Uhr, Hamburg Oper