Kultfigur meets Pubrocker

■ Ein Zweckbündnis, keine Männerfreundschaft, nichts für immer: Kai Havaii und Extrabreit waren mit Harald Juhnke im Studio und haben eine Single gemacht

Die sind schon ein schönes Pärchen, wie sie da sitzen. „Ich werde auf meine alten Tage doch nicht mehr zum Rockstar“, sagt Harald Juhnke. Man glaubt es ihm. Kai Havaii sieht ihn an. Vermutlich jedenfalls, der Sänger von Extrabreit trägt eine Sonnenbrille.

Juhnke trägt keine Sonnenbrille. Aber eine rote Krawatte und ein blaues Hemd und einen blaueren Anzug. An den Ärmeln hat es goldene Knöpfe. Mitgemacht beim Song „Nichts ist für immer“, der am Montag als Single erschienen ist, hat er, „weil mir der Text gefallen hat“, sagt Juhnke. Da guckt ihn Havaii wieder an.

„Immer unterwegs auf der Suche nach dem Leben“, versichern die beiden in dem Lied. Und daß es „nichts zu bereu'n“ gibt. Auch heißt es dort: „Andre trinken heimlich, das ist nicht unsre Welt.“ Havaii war drei jahre heroinabhängig. Der Rolling Stone nannte Harald unlängst „Halallt“.

Doch Männerfreundschaft, davon – kurzer Blick zur Seite – wollen die beiden nichts hören. Extrabreit hatten die Idee, Havaii hat „den Text geschrieben, unser Agent hat bei seinem Agenten nachgefragt“, ein Tape wurde verschickt, „und dann ging es ruckzuck. Wir haben einen Termin gemacht und uns im Studio kennengelernt.“ Zwei Stunden später ging Juhnke wieder nach Hause. So macht man eine Single.

Zweckbündnis zweier Medienprofis. Wir hören: „Eine richtige Freundschaft kann sich nur entwickeln, wenn man sich öfter sieht.“ Sagt Juhnke. „Die Chemie hat gestimmt.“ Sagt Havaii. Und schaut prüfend unter dem Mützchen vor. Dann trommelt er für die Best-of-Platte, die im Herbst erscheinen soll, mit den ganzen schönen alten Songs, mit der brennenden Schule, den Polizisten und dem Flieger, aber neu aufgenommen — und: „Das Ding mit Harald ist auch drauf.“ Juhnke erzählt von der Sylvester-TV-Show, „die ich für Sat.1. mache, da treten Extrabreit auch auf“.

Die Sache mit dem Alkohol, dem unvermeidlichen, hat dafür gesorgt, daß die Single erst jetzt erscheint, vier Monate nach der LP von Extrabreit, die da hieß: „Jeden Tag – Jede Nacht“. Damals konnten keine Video gedreht werden, „weil es Harald nicht so gutging“, sagt Havaii, der Harald duzen darf, weil der das ihm schon gleich angeboten hat, als sie sich kennenlernten. Damals, als die Chemie stimmte und man „sofort“ anfing zusammen „zu singen“, hatte der „ausgesprochen umgängliche, charmante, professionelle Mensch“ (Havaii über Juhnke) keinen Termin zum Video-Dreh frei, weil er sich auf der Intensiv- Station des Martin-Luther-Krankenhauses im Grunewald befand. „Einen auf die Liebe, einen auf die Kunst“, heißt es in „Nichts ist für immer“.

Über seinen Ausflug in die Rockmusik sagt Juhnke übrigens etwas Ähnliches wie das, was er immer wieder über seine Ausflüge in Krankenhäuser, Hotelsuiten und Boulevard-Titelblätter sagt. Einmalig sei das. Auf die Zusammenarbeit habe er deshalb eingelassen, weil er „in den letzten Jahren gemerkt“ hat, daß er für „ein jüngeres Publikum eine Art Kultfigur geworden“ ist. Auch wenn es „seit Sinatra“ für ihn „keinen anderen mehr gegeben hat“, schien er doch bereit, fünf Zeilen auf den seit 15 Jahren unveränderten Pubrock von Extrabreit zu singen. Schließlich sei er „ein großer Musikfan“, einer „ohne Berührungsängste“. Den Leuten „so ab 25, 30“ wollte er zeigen, daß er auch weiß, was Rockmusik ist. Aber: „Die Techno-Kids kriegste damit nicht.“

Havaii redet derweil von „gewissen Erfahrungen“, die Einfluß nehmen auf „die Existenz als Künstler, wie man sich ausdrückt und was man ausdrückt“. Angedeutet werden soll wohl, dort gebe es gewisse Parallelen.

Wenn man ihn anschaut, guckt Juhnke immer sehr interessiert. Vielleicht hört er manchmal nicht zu. „Der Text“ aber, der habe, sagt Havaii, und das liege doch auf der Hand, „eine Bedeutung für uns beide“.

Wer wohl als nächstes kommt? Nach Marianne Rosenberg, mit der Havaii Anfang der 80er zusammen das „Duo Infernale“ gab, und Hildegard Knef, deren „Für mich soll's rote Rosen regnen“ vor drei Jahren ein bis dato letztes extrabreites Karrierehöhepünktchen ablieferte? „Vielleicht ein Punk-Duett mit Lady Di“, sagt Havaii, aber das war ein Scherz. Er weiß nicht, was jetzt, nach Juhnke, dem „krönenden Abschluß unserer Gast- star-Trilogie noch kommen sollte“.

Rechts sitzt einer, der sagt: „Ich bin natürlich ein Oldtimer.“ Links sitzt einer, der auf der letzten LP über seine eigene Band singt: „All die Jahre Deutschland gequält.“ Zusammen singen sie: „Wir sind, was wir sind, und wir bleiben uns treu.“ Harald Juhnke streicht sich nun immer öfter über die Nase. Auf der Nase sind viele kleine rote Äderchen. Havaii sieht ihn an. Thomas Winkler

Extrabreit und Harald Juhnke: „Nichts ist für immer“, Hansa/ BMG